Wie innovative Ansätze im HR mehr Wirksamkeit erreichen

DElektrikerie Welt der Human Resources ist zweifelsohne in Bewegung. Im Recruiting und in vielen anderen Teildisziplinen des HR sind zahlreiche neue Herausforderungen aufgetaucht. Die Antworten darauf sind oft erfolgreiche Innovationen. Viele Innovationen im HR beginnen mit einer technologischen Neuerung. Doch Technik allein entfaltet selten die volle, gewünschte Wirksamkeit. In unserem Buch „Innovative Talentstrategien“ haben Prof. Nele Graf und ich uns angeschaut, welche weiteren Komponenten praktisch die Wirksamkeit und somit die Erfolgschancen von HR-Innovationen erhöhen. Davon handelt dieser Beitrag.

 

Einmal zurück zu den aktuellen Herausforderungen im HR. Oft werden sie in Schlagworte wie Fachkräftemangel oder veränderte Bewerbererwartungen gekleidet. Es handelt sich dabei um Echos jener Megatrends deren weitreichende gesellschaftliche Veränderung signalisieren. Diese Megatrends identifizieren Nele Graf und ich in „Innovative Talentstrategien“ ausgehend von Trendforschungsergebnissen verschiedener Zukunftsinstitute. Besonders prägend sind dabei bspw. der demografischen Wandel, die fortschreitende Digitalisierung oder die der allgemeine Wertewandel in der Gesellschaft. Ihre Auswirkungen wiederum können unternehmensindividuell zu verschiedenen Fragestellungen oder Problemen führen, wie z.B. einem Mangel an qualifizierten Bewerbern. Häufig wird dann unternehmensseitig oder auch auf Anraten von Dienstleistern eine technologische Innovation als Lösung oder Abhilfe vorgeschlagen. Korrekt ist, dass sehr viele Herausforderungen der Gegenwart und sicherlich erst recht der Zukunft nur noch mit einem guten Maß an cleverer Technologie zufriedenstellend beantwortet werden können. Der Trugschluss aber, dem Unternehmen bzw. deren Personalabteilungen immer mal wieder verfallen lautet, dass eine neue IT-Lösung oder ein neues Tool ausreicht. Das ist meist zu kurz gegriffen. Im Gegenteil: Scheitert dann eine solche neue technologische Lösung, dann kann das sogar dazu führen, dass eben jene Technologie im eigenen Fall als „funktioniert bei uns nicht“ abqualifiziert wird. Eine Reihe inkonsequente und entsprechend erfolglose Social Media Karriere-Repräsentanzen verschiedener Unternehmen können hierfür Pate stehen. Was aber ist nötig, um einer HR-Innovation zu mehr Chancen auf Wirksamkeit und Erfolg zu verhelfen?

 

Erfolgreiche Talentstrategien gehen Innovationen von vier Punkten aus an
In unserem Buch haben wir uns erfolgreiche Talentstrategien angeschaut, also jene unternehmensindividuellen Lösungen, welche sich auf größerer oder kleinerer Ebene mit der konkreten, wirksamen Beantwortung genannter HR-Herausforderungen beschäftigen. Sie stellen alle auf ihre Art stets (HR-)Innovationen dar. Eine sehr schöne, praktische Auswahl solcher Innovationen und wie sie in Unternehmen wirken werden von unseren Gastautoren im Buch dokumentiert (dazu ganz unten noch etwas mehr).
Nele Graf und ich haben bei der Betrachtung des Innovationserfolges vier Bedingungen gefunden, welche erfüllt sein sollten, um die Chancen auf Wirkungsmaximierung zu erhöhen.
Die vier Punkte lauten:

1) Eine neue Perspektive zu einem Thema einnehmen (Mindset) und strategisch regieren.
Einhergehend damit wird im Unternehmen nicht nur theoretisch anderes über eine Herausforderungen oder ein Thema gedacht, sondern die neue Perspektive wird in die eigene Strategie eingebettet. Dies ist die Arbeit am „Big Picture“. Sie gibt die „Intensität“ der nachfolgenden drei Punkte maßgeblich vor.

Innovative-Talentstrategien-Cover

2) Clevere Technologien einsetzen.
Hier nun kann und soll oft die Technologie zu ihrem Recht kommen. Technik ist nicht zwingend und immer hilfreich, aber doch sehr oft. Fast jede erfolgreiche Talentstrategie hat einen technologischen Anteil. Für den Technologieeinsatz gilt natürlich auch im HR, was auch anderswo im Unternehmen Gültigkeit hat, nämlich technologisch möglichst keine Insellösungen zu schaffen und das Zusammenwirken mit vorhandenen IT-Systemen zu ermöglichen. Dies spart Mehraufwand, vermeidet Medienbrüche, erhöht die Akzeptanz usw.

3) Neue Rollen und neue Aufgaben annehmen
Genauso wie Punkt 1 gern übersehen wird und bspw. neue Technologie im Einsatz ist, aber dies strategisch nicht ausreichend reflektiert wird, haben auch eine Reihe Unternehmen die Erfahrung machen müssen, dass eine neue Technologie zu nutzen auch bedeutet die eigene Rolle ggf. neu zu definieren und die daraus resultierenden Aufgaben erfolgreich zu bewältigen. Wer insbesondere im HR technologisch aufrüstet, aber die eigene Rollenwahrnehmung nicht entsprechend mit der Technologie „versöhnt“, wir höchstens unmotivierte Anwender dieser Technologie bekommen, welche hinter vorgehaltener Hand weiter ihrer alten Rolle nachtrauern und bspw. bemerken, dass sie doch „keine IT´ler sind“.

4) Neue Kompetenzen erwerben
Last but not least geht es mit Innovationen und deren erfolgreicher Nutzung einher entsprechend neue Kompetenzen zu erwerben und up-to-Date zu halten. Beim Erwerb von solchen Kompetenzen sollte außerdem unterschieden werden, ob es ausreicht eine Orientierungskompetenz zu besitzen, d.h. ein thematisches Feld ausreichend überblicken und einschätzen zu können, oder aber ob es um detaillierte Umsetzungskompetenzen geht. Meistens folgt diese Unterscheidung in der Konsequenz aber der Rollen-Redefinition aus Punkt 3.
Ich möchte anmerken, dass Robindro Ullah diesen Punkt mit Hinblick auf Recruiter mit seinen Thesen zum „Recruiter der nächsten Generation“ schon sehr umfassend bearbeitet hat. Er hat hier sicher viel Futter zum Nachdenken über neue Recruiter-Kompetenzen geliefert.

Talentstrategien_4-Innovations-Punkte

 

Wirksamkeitsmaximierung bei HR-Innovationen
Wie zuvor bereits angesprochen sind die vier benannten Aspekte, welche die Wirksamkeit und die Erfolgschancen von HR-Innovationen steigern miteinander verbunden. Häufig ist es konsequent an allen vier Aspekten entsprechend aktiv zu werden. Einstiegspunkt für Innovationen kann jedoch prinzipiell jeder der vier Aspekte sein. In der Praxis ist es meistens eine technologische Innovation, welche den Lead vorgibt. Hier ist es wichtig mit den anderen Punkten bald nachzuziehen bzw. dies noch vor Einsatz der neuen Technologie bereits zu überdenken. Hierfür nutzen wir in unserer Arbeit bei meta HR in Recruitingfragestellungen bspw. unser Recruiting-Audit, welches schnell und strukturiert einen Blick auf mögliche Ungleichgewichte bei der Nutzung von Innovationen in diesem Feld aufzeigt und entsprechende Schritte zur Leistungssteigerung planbar macht.
Neben technologischen Impulsen kann allerdings ebenfalls eine neue Perspektive als solche ein starker erster Innovations-Impact sein. Denken wir bspw. an das Thema Candidate Experience. Dort ist der Treiber eine veränderte strategische Perspektive auf die Bewerber als solche. Bewerber werden im Prinzip wie Kunden betrachtet und mit deren, positiven gestalteten Erfahrungswelten während des Kontaktes mit dem Unternehmen in Abgleich gebracht. Diese Perspektive ist löblich, aber zunächst noch wenig wirksam. Hier kommen dann die anderen drei Aspekte hinzu: Technologische, Rollenspezifische und solche mit Bezug zu den Mitarbeiterkompetenzen. Erfolgreiches Candidate Experience Management zu betreiben erfordert mit Sicherheit alle vier Innovationspunkte ab und würde bspw. im Zweifel daran scheitern, wenn man hierbei vergessen würde, dass auch die Kompetenz erworben werden muss wie man während eines Bewerberkontaktes ein guter Gastgeber ist. Dies gilt dann natürlich für alle am Recruitingprozess und im Umgang mit Bewerbern beteiligten, also auch für Führungskräfte aus Fachabteilungen.

 

Praxis-Beispiele belegen die Verbundwirkung
Im Zweifel sind Beispiele aus der Realität von Unternehmen natürlich immer der Prüfstein, ob ein Gedanke passt oder ob er fehlt. Wir haben hierzu in „Innovative Talentstrategien“ speziell mit Fokus auf den Mittelstand sehr viele erfolgreiche Beispiele finden können. Klasse Gast-Autoren, die alle Experten in ihren Themen sind, haben hierzu entsprechenden Input geliefert. HR-Innovationen entlang der oben genannten vier Punkte werden so plastisch greifbar. Um hier einen ersten Ausblick über die Themenbreite jener innovativen Ansätze zu geben, möchte beispielhaft auf die Beiträge von Jo Diercks (Cyquest) über webbasierte Assessmentverfahren, von Christian Gimbel und Kai Deininger (beide Eurosearch) über Active-Sourcing, von Sandra Ebner-Pageler (Dräger) zur Entwicklung von Spezialisten bei der Fa. Dräger und von Jannis Tsalikis (VICE Germany) über Karrierewebseiten aufzählen. Insgesamt ziehen sich die Artikel durch drei zentrale Handlungsfelder zum Thema Talent, nämlich der Talentfindung bzw. Personalgewinnung, der Talententwicklung/ PE und der Talent- bzw. Mitarbeiterbindung. „Innovative Talentstrategien“ ist Ende 2013 beim Haufe-Verlag erschienen und ich freue mich stets über Feedback zum Buch, sei es hier als Kommentar im Blog oder an mich per eMail.

 

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2 Gedanken zu „Wie innovative Ansätze im HR mehr Wirksamkeit erreichen

  1. Manu

    Sehr guter Beitrag. Mir fällt auf, dass sehr oft Innovation nur noch durch die Technik-Brille wahrgenommen wird. Natürlich reicht das nicht. Nur viele möchten das gar nicht wissen, weil es die Anwendung von innovativen Konzepten verkompliziert und echtes Umdenken einfordern würde. Doch Change macht der Mehrheit Angst und die kleben lieber an Ihren alten Rollen.

  2. Thomas

    Hallo,

    eine wirkliche Weiterentwicklung von Mensch, Technik und dann auch dem Unternehmen kann es nur geben wenn sie Hand in Hand geht. Also alle Komponenten berücksichtigt werden und nicht nur versucht wird den Menschen der Technik anzupassen sonder vielleicht auch mal die Technik dem Menschen.
    Viel zu oft wird geglaubt und erwartet das der Mensch sich der Maschine / Technik anpassen muss, aber warum den? Die Technik ist ja schließlich dazu da um dem Menschen zu helfen. Zentrum bleibt aber immer noch der Mensch.

    Gruß Thomas

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