Die Arbeitswelt verändert sich ständig, und ein Bereich, der zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist die Rekrutierung und Bindung von Mitarbeitern über 50 Jahren. Diese Altersgruppe bringt nicht nur jahrelange Erfahrung und Wissen mit, sondern auch eine Loyalität, die für Arbeitgeber von großem Wert sein kann. Gleichfalls doch haben ältere Personen in der Arbeitswelt immer noch mit viele Vorurteilen zu kämpfen. Warum diese Zielgruppe die letzte Hoffnung für Arbeitgeber im Kampf gegen den Fachkräftemangel sein könnte und was zu tun ist, um diese Personen effektiv zu rekrutieren, beleuchte ich hier in kompakter Form. Inspiration für diesen Artikel ist der kürzlich mit dem Recruiting-Experten Marcus Fischer geführte HR Snacktime Video-Podcast (unten zu sehen).
Ich möchte einige Vorteile der Beschäftigung von 50+ Mitarbeitern aufzeigen und geben praktische Tipps teilen, die für die erfolgreiche Integration und langfristige Bindung jener Personengruppe wertvoll sein können.
Warum Mitarbeiter über 50 Jahren rekrutieren?
So trivial es klingen mag: Arbeitgeber haben bald keine andere Chance mehr! Arbeitnehmer über 50 werden in Kürze die größte Gruppe aller Berufstätigen stellen. Es gibt oft einfach nicht genug jüngere Personen auf dem Arbeitsmarkt. Die 50+ zu ignorieren wird in bald ein absoluter Luxus für Arbeitgeber sein.
Abgesehen von dieser demografischen Notwendigkeit gibt es gute Argument sich für die über 50-Jährigen zu interessieren:
- Erfahrung und Expertise: Ältere Mitarbeiter verfügen oft über ein tiefes Verständnis und gute Kenntnisse in ihrem Fachgebiet. Ihre Fähigkeit, Probleme zu lösen und strategisch zu denken, ist oft stark ausgeprägt, was zu effizienteren und effektiveren Arbeitsabläufen führen kann.
- Gelassenheit: Wie mein Gesprächspartner im HR Snack-Talk betont, haben viele Ü50er eine angenehm gelassen und lösungsorientierte Haltung angenommen, die vielen Teams und Aufgaben gut tut.
- Mentoring und Wissenstransfer: Mitarbeiter über 50 Jahren können als Mentoren für jüngere Kollegen fungieren. Der Wissenstransfer zwischen Generationen fördert ein kooperatives Arbeitsumfeld und stellt sicher, dass wertvolles Know-how erhalten bleibt.
- Zuverlässigkeit und Loyalität: Ältere Mitarbeiter zeichnen sich oft durch eine hohe Arbeitsmoral und Loyalität aus. Sie sind aus dem typischen Alter des „Jobhoppings“ herausgewachsen und sie schätzen oft etwas mehr Beständigkeit, was sie oft zu zuverlässigen Beschäftigten macht.
- Altersdiversität: Die Einbindung älterer Mitarbeiter fördert die Diversität im Unternehmen. Divers besetzte Teams sind nachweislich erfolgreicher, als solche ohne diverse Aspekte. Dabei ist das Thema Alter häufig eine noch übersehene Komponente der Diversität. Diese Komponente kann durch Ü50er in Teams gestärkt werden. Wer es als Arbeitgeber mit „Diversity“ ernst meint, muss auch den Altersaspekt bedenken und bedienen.
Herausforderungen und Lösungen beim Arbeiten mit älteren Mitarbeitern
- Altersdiskriminierung überwinden: Eine der größten Herausforderungen ist die bestehende Altersdiskriminierung in vielen Unternehmen. Hier ist es wichtig, eine Unternehmenskultur zu fördern, die Vielfalt schätzt und Altersunterschiede als Bereicherung betrachtet. Extreme Altersgaps in Teams sind dabei zu vermeiden, d.h. es ist sicher deutlich schwieriger einen fast 60-Jährigen in eine Team mit lauter Personen zu stecken, die in ihren frühen Zwanzigern sind. Aber gut gemischte Teams sind problemlos. Wichtig ist es auch Recruitingteams und besonders Fachabteilungen über die Leistungsfähigkeit und die Mehrwerte für den Arbeitgeber durch den Einsatz von Ü50ern aufzuklären. So können Vorurteilen abgebaut und überwunden werden. Details nennt Marcus im Talk (siehe unten).
- Weiterbildung und Anpassung an (technologische) Veränderungen: Einige ältere Mitarbeiter könnten Schwierigkeiten haben, sich an Neuerungen anzupassen, u.a. weil sie oft von den Weiterbildungen ausgeschlossen wurden. Glaubensätze wie: Die „Alten“ müssen nichts mehr Lernen oder können nichts mehr Lernen, müssen überwunden werden. Ü50 sollten zeitnah in Schulungen und Weiterbildungsprogramme integriert werden. Ideal im generationenübergreifenden Lernen.
- Flexibilität und Work-Life-Balance: Ältere Mitarbeiter könnten andere Bedürfnisse und Prioritäten haben, wenn es um ihre Arbeitszeit und Work-Life-Balance geht. Tendenziell geht dies mit einer größeren Beachtung von Gesundheitsthemen einher. Solche Bedingungen gezielt auf Ü50 zu prüfen bzw. zu modifizieren, kann einem Arbeitgeber für diese Zielgruppe sehr attraktiv machen.
Strategien zur erfolgreichen Rekrutierung von Ü50-Mitarbeitern
- Anpassung von Stellenanzeigen: Stellenanzeigen sollten so formuliert sein, dass sie auch ältere Bewerber ansprechen. Vermieden werden sollten Aussagen wie „junges Team“ oder „digital native“ – nicht nur, weil ggf. Probleme mit dem AGG bringen könnte, sondern einfach um für Ü50 attraktiver zu klingen. Besser ist es zu betonen, dass Erfahrung und tiefes Fachwissen geschätzt werden. Auch können gezielt Benefits und unternehmenskulturelle Aspekte genannt werden, die die Leser der Anzeige auf eine altersdiverse Offenheit schließen lassen.
- Nutzung spezifischer Rekrutierungskanäle: Die Auswahl der richtigen Plattformen und Netzwerke ist bei der Zielgruppe Ü50 genauso entscheidend, wie bei der Rekrutierung von jüngeren Kandidaten. Die Anpassung dieser Kanäle ist zwingend. Besonders interessant sind u.a. auch Fachmessen, wo meist mehr erfahrene Personen vertreten sind. Ansonsten gibt Marcus in unserem Talk mehr Einblicke hierzu – einfach mal ins Video schauen!
- Mitarbeiterempfehlungen: Ältere Arbeitnehmer haben meist größere Netzwerke und kennen innerhalb ihrer Branchen zahlreiche Leute. Sich diesen Umstand gezielt zu Nutze zu machen ist für die Gewinnung von Ü50ern sehr hilfreich. Es macht also Sinn das eigene Mitarbeiterempfehlungsprogramm auf die effektive Ansprache von dieser Zielgruppe hin zu überprüfen und ggf. dahingehend zu optimieren.
Fazit: Die Zukunft der Arbeitswelt ist generationenübergreifend
Ausrichtung der Rekrutierung und Bindung von Mitarbeitern über 50 Jahren ist eine strategische Maßnahme, die weit über kurzfristige Personalbedarfe hinausgeht. Über 50-Jährige bringen eine Fülle an Erfahrung, Wissen und oft Stabilität mit, die für den Erfolg der Organisation hilfreich sein können. Mit der gezielten Ansprache und einer entsprechend inklusiven Unternehmenskultur können Arbeitgeber sicherstellen, dass sie diese wertvollen Zielgruppe für sich gewinnen können. Damit erschließt sich die vermutlich letzte große stille Reserve an Kandidaten, die im Kampf gegen den Fachkräftemangel angezapft werden kann. Nach meiner Beobachtung ist die Mehrzahl der Arbeitgeber noch nicht auf diese Idee gekommen – aber es wird sich ändern. Wer hier zeitnah Ü50-fit ist verschafft sich als Arbeitgeber jedoch einen guten Vorteil am Markt.
Hier nun der erwähnte Videopodcast mit Marcus Fischer und mir. Marcus gibt darin absolut wesentliche Hinweise. Aus meiner Perspektive ein Must-see für alles, die 50+ Recruiting erfolgreich betreiben wollen und die Voraussetzungen dafür kennen möchten.