Social Media Recruiting Report 2013 – aktuelle Zahlen und Trends hinterfragt

Zum dritten Mal ist vor kurzem der ICR Social Media Recruiting Report erschienen. Zu aktuellen Zahlen und vor allem zur Langzeitperspektive möglicher Trends habe ich ein paar Fragen an Wolfgang Brickwedde, den „Vater“ dieses Reports formuliert.

 

Das nachfolgende Interview mit Wolfgang Brickwedde (Foto) richtet den Blick insbesondere auf die Entwicklungen, welche der Report seit nun drei Jahren dokumentiert. Die Trends für das Thema Social Media Recruiting sind nach Betrachtung der ICR Social Recruiting Reports positiv. Bspw. sagt der aktuelle Report, dass jede 10.Stelle via Social Media besetzt wird. Diese jährliche Umfrage ist ein wertvoller Beitrag zum Verständnis des Themas. Hier wollen wir den Zahlen und Entwicklungen im Verständnis von Wolfgang Brickwedde nachgehen. Nichtsdestotrotz sind auch kritische Betrachtungen zu solchen Online-Befragungen wie dem ICR Social Recruiting Report hilfreich. Daher möchte ich hier auch ausdrücklich Lutz Altmanns kritische Perspektive auf diese Zahlen und Trends empfehlen. Und nun können Sie hier lesen, was Wolfgang Brickwedde selbst zu seinem Report sagt:

 

Christoph Athanas, metaHR (CA):
Hallo Wolfgang, Du hast vor wenigen Tagen den „Social Media Recruiting Report 2013“ vorgelegt. In der mittlerweile dritten Ausgabe nach 2011 und 2012 sind in dieser Umfrage diesmal die Angaben von 654 Personalern eingeflossen. Das ist eine schöne Datenbasis. Dazu die Nachverfolgung des Themas mit ähnlichen bzw. zum Teil identischen Fragen über nunmehr drei Jahre. Damit hast Du interessante Informationen generiert. Ich möchte Dich um ein paar Interpretationen zu diesen Ergebnissen bitten. Was sind Deiner Meinung nach im Blick auf die Entwicklung seit der ersten Umfrage die drei spannendsten Fakten?

Wolfgang Brickwedde, ICR (WB):
Hallo Christoph, Du hast Recht, der jetzt mögliche Blick auf die letzten drei Jahre kann erstmals richtig spannende Entwicklungen aufzeigen.

Für mich war es immer die Frage, ob aus Social Media Recruiting Hype denn auch irgendwann mal eine wirkliche Hilfe im Recruiting werden würde. Das muss sich ja in jeder Studie erstmal neu beweisen. Ein Blick auf die Quellen für Einstellungen zeigt aber m.E. jetzt den Durchbruch für den Recruitingkanal Social Media eindeutig an. Mit dem dritten Platz bei den Einstellungsquellen im Jahr 2013 ist Social Media Recruiting definitiv kein Hype mehr.

Weiter spannend fand ich die Entwicklung der Online-Jobbörsen in Verhältnis zu Social Media. Einige behaupteten ja, dass die Online-Jobbörsen wegen des Aufstiegs des Recruiting in Social Media nach und nach aussterben würden. Das ist definitiv nicht der Fall. Online-Jobbörsen sind und bleiben der wichtigste Einstellungskanal.

Die dritte spannende Entdeckung für mich war die Betrachtung der Nutzung der verschiedenen Netzwerke/Plattformen in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße. Früher dachte auch ich, dass Recruiting in Social Media eher etwas für große Konzerne sei, die dafür spezialisierte Mitarbeiter oder Abteilungen hätten. Bei der o.a. Betrachtung kam dann aber heraus, dass Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitern z.B. XING mindestens genauso stark nutzen wie große Arbeitgeber. Social Media Recruiting könnte man damit auch als „Geheimwaffe“ für KMU sehen.

CA, metaHR:
Der „Social Media Recruiting Report“ fragt zu aktuellen Recruiting-Themen auch eine sog. Negativ-Liste ab. D.h. dort werden die Themen identifiziert, in welchen die Personalabteilungen gefühlt weniger Kompetenzen besitzen bzw. welche die HR noch nicht so gut beherrscht. In der aktuellen Ausgabe des Reports kommt Social Media Recruiting hierbei „ziemlich gut“ weg. Wenn das also stimmt und das Thema mittlerweile von den Personalabteilungen angeblich schon soweit „gut“ beherrscht wird, warum gibt es dann immer noch so relativ wenig positive Beispiele für die nachhaltig erfolgreiche Umsetzung von Social Recruiting in Deutschland? Was denkst Du darüber?

WB:
„Ziemlich gut weg“ ist reichlich geschmeichelt. Die eigentliche Liste deckt 24 Bereiche ab, davon sind die 10, die am schlechtesten beherrscht werden, in der Grafik dargestellt. Insofern ist Social Media Recruiting bzgl. der Aufstellung im Jahr 2013 von den schlecht aufgestellten Themen eines der besten, insgesamt aber im letzten Drittel angesiedelt. Aber der Weg zeigt nach oben. Im Jahr 2011 war Social Media Recruiting noch auf dem viertschlechtesten Platz hinsichtlich der Aufstellung bei den Unternehmen.

Social Media Recruiting ist ja ein weites Feld – vom Employer Branding über Personalmarketing bis zum Active Sourcing. Während es im Active Sourcing schon haufenweise positive Beispiele gibt und sich Erfolge schnell zeigen lassen, ist es beim Personalmarketing un Employer Branding wie oft im Marketing deutlich schwieriger, konkrete Erfolge nachzuweisen. Zumal es auch ein Ergebnis des Social Media Recruiting Reports ist, dass nicht einmal die Hälfte der Unternehmen die Erfolge im Social Media Recruiting überhaupt misst. Dann wird es auch schwierig mit der Darstellung der Erfolge.

 

CA, metaHR:
Gut, Wolfgang, dass Du das klar gestellt hast. Diese relativ „gute Platzierung“ in der Negativliste ist also der auch Darstellungsform in der Grafik geschuldet. Aber dennoch ist das Thema für HRler nicht mehr ganz so fern… Wie auch immer. Lass uns als nächstes über die Online Jobbörsen im Lichte von Social Recruiting sprechen. Die Jobbörsen sind immer noch sehr populär für die Personalgewinnung. Social Media scheint aber als Alternative langsam ernster genommen zu werden. Wie schätzt Du unter diesem Aspekt die Zukunft der Online Jobbörsen ein? Werden sie in einigen Jahren von Social Media vom Spitzenplatz verdrängt worden sein? 

WB:
Die frühere Angst der Online-Jobbörsen vor Social Media hat sich mittlerweile wieder etwas gelegt, nachdem klar wurde, dass die Einstellungen über Social Media Recruiting zwar deutlich wachsen (von Platz 7 auf Platz 3 der Einstellungen) aber nicht auf Kosten der Jobbörsen, die Ihren Platz gut verteidigen konnten.

Mit ein bisschen Nachdenken macht das vielleicht auch mehr Sinn: Jobportale adressieren die aktiv Suchenden, die auf die Jobbörsen gehen, um nach neuen Arbeitsplätzen zu suchen.

In Sozialen Netzwerken wie XING und LinkedIn kann man zwar auch Anzeigen schalten, aber dort gehen die Arbeitgeber gezielt auf die proaktive Suche nach potentiellen, latenten neuen Mitarbeitern, also eben nicht auf die Suche nach selbst aktiv Jobsuchenden.

Es werden mit diesen beiden Recruitingkanälen unterschiedliche Zielgruppen angesprochen.

CA, metaHR:
Xing ist mit Abstand das beliebteste Social Network der Personaler. Da auch immer mehr Unternehmen ins Active Sourcing einsteigen, könnte es sein, dass Xing bald endgültig „überfischt“ sein wird und gute passive Kandidaten hier kaum mehr zu finden sein werden? Wie denkst Du darüber?

WB:
„Bald überfischt“ scheint mir etwas übertrieben. Soweit ich weiß, wurde bisher nicht einmal die Hälfte der XING Mitglieder wegen neuer beruflicher Herausforderungen angesprochen. Sicherlich gibt es Tätigkeitsfelder wie IT, die stärker mit Angeboten zu „interessanten neuen Herausforderungen“ zu „leiden“ haben.

Der Erfolg einer Ansprache in XING oder Linkedin liegt aber natürlich im wie. Da liegen die Antwortquoten zwischen 5%– 50%. Das Geheimnis der erfolgreichen Ansprache kann ich demnächst im Active Sourcing Report lüften – auch spannend.

CA, metaHR:
Lieber Wolfgang, danke für das interessante Gespräch und danke auch für die wertvolle Informationsgewinnung mit dem „Social Media Recruiting Report 2013“. Ich freue mich schon auf die 2014-er Ausgabe, die es hoffentlich geben wird, oder?

WB:
Natürlich!

 

 

Weitere Infos:
Wer den Social Media Recruiting Report 2013 gern vollständig betrachten möchte, kann ihn hier kostenfrei downloaden

 

Update:
Wie es manchmal so ist bei einem interessanten Thema. Mein geschätzter Bloggerkollege Jo Diercks hat ebenfalls heute ein sehr lesenswertes Interview mit Wolfgang Brickwedde zum aktuellen Report in seinem Blog veröffentlicht. Hier geht´s zu jenem Artikel.

5 Gedanken zu „Social Media Recruiting Report 2013 – aktuelle Zahlen und Trends hinterfragt

  1. Michael Rajiv SHAH

    Hallo aus Wien,

    „„Bald überfischt“ scheint mir etwas übertrieben.“ Erst einmal Danke für die Blogdiskussion. ;-)

    Natürlich war meine Frage im Februar gezielt provokant, insbesondere um auf Zahlen aufmerksam zu machen, die sich sonst niemand anschaut. In diesem Fall die HR/Recruiterdichte auf XING und LinkedIn. Ich habe Eure Diskussion zum Anlass genommen den heutigen mathematischen Stand zu aktualisieren. http://www.networkfinder.cc/xing-vs-linkedin/war-for-talents-recruiting-armada-auf-linkedin-xing-in-oesterreich-schweiz-explodiert/

    Dabei stieß ich auf einen extrem erstaunlichen Wert. (a) Verdopplung der HR.ler bei LinkedIn-CH und damit einhergehender sehr starken Verdichtung des Gesamtmarktes in der Schweiz.

    Die Schweiz war schon immer ein LinkedIn-DACH Vorreiter. Durch die Zunahme von 15k auf 32,5k HR.ler in der Schweiz hat sich das Verhältnis von Mitgliedern 1.063k zu 32,5k dramatisch verändert. Auf jeden CH-HL.ler kommen jetzt lediglich 32,75 Mitglieder. Im Februar waren es noch 56/HR.ler.

    Auch wenn die LinkedIn HR.ler sich in Österreich verdoppelt haben, bleibt das mathematische Verhältnis aufgrund gleichstarkem Mitgliederwachstums ähnlich.

    XING entwickelt sich konstant. Leider kann ich aufgrund von zu großen Zahlen XING-Daten für Deutschland nicht ermitteln.

    Danke übrigens für die tolle Studie Wolfgang!

    Der MiSha

  2. Christoph Athanas

    Hallo Michael,

    danke für die schnelle Reaktion und die interessante Aktualisierung der Zahlen in Deinem Blog.
    Natürlich ist „bald überfischt“ provokativ, aber genau darum geht es ja: Etwas Zuspitzung für den Gedanken dahinter. Wenn nämlich irgendwann die meisten Akteure das Gleiche tun, dann wird was ehemals innovativ war gewöhnlich und das scharfe Schwert stumpft ab… Aber da sind wir wohl sicher noch nicht in Sachen Active Sourcing ;-)

    Viele Grüße, Christoph

  3. Hronline

    Xing scheint mir tatsächlich ein ziemlich unangepasstes Medium, um ‚passiv gefischt‘ zu werden. Dafür scheint mir wohl LinkedIn besser angepasst zu sein…

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