Bessere Candidate Experience im Bewerberinterview: Fünf Punkte die Recruiter beachten sollten

Ein ganz zentrales Ereignis in jedem Bewerbungsprozess sind die Interviews. Dort begegnen sich Kandidaten und Unternehmensvertreter direkt und bilden sich weitgehende Urteile übereinander. Recruiter sollten diese Gespräche jedoch nicht nur unter dem Aspekt der Personalauswahl betrachten, sondern auch für ein für beide Seiten angenehmes Gespräch Verantwortung übernehmen.

 

Das Interview stellt einen oder im Zweifel mehrer prägende Eindrücke über das Unternehmen für den Kandidaten dar. Die sog. Candidate Experience wird hier stark beeinflusst. Diese Erfahrung der Kandidaten mit dem Unternehmen und dessen (HR-)Vertretern während des Bewerbungsprozesses entscheiden u.a. über die Annahme eines Jobangebotes und über die spätere Meinungsbildung im Hinblick auf das Unternehmen und dessen Arbeitgebermarke. Wurde die Arbeitgebermarke als authentisch erlebt? Wurde der Kandidat wertschätzend behandelt? Gab es einen angemessenen Rahmen ab, bspw. haben sich Personaler und Fachvorgesetzte für das Gespräch genug Zeit genommen und waren sie vorbereitet? Fühlte der Kandidat sich willkommen?

Alle solche Fragen spielen eine Rolle bei der Urteilsbildung auf der Bewerberseite. Und alle diese Aspekte sind direkt von den Recruitern und Unternehmensvertretern zu beeinflussen. Damit ist auch bereits die gute Nachricht überbracht: Hiring-Manager, Recruiter strengt Euch an! Ihr habt die Candidate Experience in den „Interviews“ selbst in der Hand.

Und selbstverständlich macht es auch im Hinblick auf die Personalauswahlentscheidung absolut Sinn dem Bewerber eine gute Candidate Experience im Interview zu vermitteln. Nur wer sich wohl und wertgeschätzt fühlt öffnet sich im Gespräch. So fällt es leichter Informationen vom Bewerber zu erhalten und man kann als Recruiter bessere Entscheidungen treffen. Außerdem ist ein gutes Erleben des Bewerbers im Gespräch auch dafür hilfreich, wenn es darum geht die Vorzüge und auch die Herausforderungen eines Jobangebotes herauszustellen. So steigen die Chancen, dass der Bewerber aufgeschlossen ist für das Stellenangebot (besonders bei Top-Kandidaten oder Engpass-Profilen ist dieses Werben für den Job nicht unwichtig!). Und letztlich soll ja auch jeder Bewerber genau prüfen, ob der Job wirklich genau das ist was er sucht und was er machen möchte. Auch dies hilft in puncto bessere Mitarbeiterauswahl.

Hier kommen fünf Hinweise, die helfen können im Auswahlgespräch eine bessere Candidate Experience zu erzeugen:

 

1) Das richtige Mind-Set für Recruiter
Als Recruiter in Auswahlprozessen müssen Sie skeptisch sein und die Kandidaten prüfen. Klar. Doch eine zu sehr an den Tag gelegte Skepsis kann in Verbindung mit dem Interviewmodus schnell einen ungewollten Verhörcharakter bekommen. Dann antworten Kandidaten oft noch weniger und fühlen sich eingeschüchtert und Recruiter fragen umso mehr und befeuern dann wieder diesen Vorgang. Ein Teufelskreis.
Auflösung: Behandeln Sie jeden Bewerber so als wäre es ein Berater welche Sie zu einem wichtigen Thema empfangen. Sie sind neugierig auf seine Meinung, aber Sie unterstellen stets, dass er ein absoluter Experte ist und mehr weiß als Sie selbst. Sie werden merken: Mit dieser inneren Einstellung kommt schnell ein wertschätzender Dialog zustande. Das fördert eine positive Candidate Experience.

 

2) Sein Sie besser vorbereitet als die meisten Kandidaten dies erwarten
Wenn Bewerber zum Interview kommen ist dies für beide Seiten mit Aufwand verbunden. Da kann der Bewerber erwarten, dass die Unternehmensvertreter vorbereitet sind. Machen Sie also Ihre Vorbereitungen auf das Gespräch unbedingt mit genügend Akribie. Falls Sie einen Standard-Fragebogen verwenden, variieren Sie diesen unbedingt mit spezifischen, zum Bewerber individuell passenden Fragen.
Außerdem: Übertreffen Sie doch mal die Erwartungen des Bewerbers. Statt nur kritische Fragen parat zu haben, denn die werden erwartet, nehmen Sie in anerkennender Weise Bezug zu einem Detail aus dem Leben des Bewerbers. Bspw. zu Auszeichnungen, einem Hobby oder einer besonderen Fähigkeit. Idealerweise finden Sie hierbei sogar eine kleine Gemeinsamkeit. Dies macht atmosphärisch gerade zu Beginn des Interviews einiges aus, wovon beide Seiten profitieren.

 

3) Reden Sie nicht zu viel
In vielen Interviews habe ich erlebt, dass Recruiter und insbesondere Hiring-Manager aus den entsprechenden Fachabteilungen viel zu viel Redeanteil hatten. Auch dies ist wieder eine Frage der Wertschätzung gegenüber dem Kandidaten: Reden Sie nur soviel wie nötig. Stellen Sie die Kernanforderungen des Jobs heraus und sagen Sie, was Sie unbedingt zum Team oder zum Unternehmen sagen müssen. Ansonsten stellen Sie weitgehende nur Fragen und lassen den Kandidaten reden. Hören Sie systematisch zu und nutzen lernen Sie die feinen Unterschiede zu erkennen zwischen dem WAS der Bewerber sagt und dem WIE der Bewerber es sagt. Darin liegen aufschlussreiche Infos verborgen. Außerdem: Wer als Recruiter oder Hiring-Manager selber zu viel redet vergibt die Chance auf wertvolle Infos von Bewerberseite.

 

4) Bleiben Sie stets in der Rolle des perfekten Gastgebers
Sie als Recruiter oder Personaler sind im Interview die lebende Visitenkarte Ihres Unternehmens. Die Meinung darüber, wie Menschen in Ihrem Unternehmen behandelt werden kann sich der Bewerber vielleicht nur aufgrund des Kontaktes zu Ihnen bilden. Und Menschen neigen nun mal zur Generalisierung. Daher: Solange der Bewerber im Unternehmen ist sind Sie besser ein perfekter Gastgeber. Das bedeutet volle Konzentration auf den Menschen, den Kandidaten, den Sie vor Ort haben. Keine Ablenkungen durch klingelnde Telefone oder Unterbrechungen durch Kollegen oder Vorgesetzte. Dies sollte auch die Momente direkt vor und nach dem Interview, vor der Begrüßung und nach der Verabschiedung einschließen. So können Sie absichern, dass nur Ihr aktueller Bewerber im Zentrum der Aufmerksamkeit steht und dies auch genau so wahrnimmt.

 

5) Ein offenes Wort: Ehrlichkeit ist Trumpf…
Laut der Stepstone-Studie „Employer Branding Report 2011“ sagen ca. 80 %der Mitarbeiter, dass das kommunizierte Arbeitgeberimage ihres Unternehmens mit der Realität nicht viel zu tun habe. Warum sollten Bewerber dann annehmen, dass es in dem Unternehmen wo sie sich nun gerade bewerben komplett anders ist? Genau. Selbst wenn Ihr Unternehmen eine tolle Arbeitgeberpositionierung erarbeitet hat und seine Arbeitgebermarke clever und glaubwürdig nach außen kommuniziert, erwartet doch fast jeder halbwegs kritische Bewerber, dass es noch immer gewisse dazu Abweichungen im Alltag gibt. Bedienen Sie als Recruiter genau dieses unterschwellige Gefühl proaktiv. Sprechen Sie von sich aus also einen Punkt an, wo Ihr Unternehmen ggf. nicht so klasse ist. Ok, vielleicht keinen absolut kriegsentscheidenden Punkt, aber etwas, womit Sie und der Kandidat leben können. Ein offenes Wort in dieser Hinsicht erwarten nicht viele Bewerber. Aber die allermeisten werden diese Form der proaktiven Ehrlichkeit zu schätzen wissen. Die Effekte sind dann u.a.: Wieder ein Pluspunkt für die Candidate Experience und mehr Offenheit von der einen Seite zieht meist auch mehr Offenheit beim anderen Gesprächspartner nach sich. Gut für Sie und Ihr Auswahlinterview!

 

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Bildnachweis:  merydith (CC BY-SA 2.0)

2 Gedanken zu „Bessere Candidate Experience im Bewerberinterview: Fünf Punkte die Recruiter beachten sollten

  1. Riester-Rente

    Super Beitrag! Vor allem die beiden Punkte 3 sowie 4 sind von besonderer Bedeutung bei einem Bewerberinterview!

    In der heutigen Zeit des Fachkräftemangels ist es ja auch nicht wirklich einfach gute Leute zu finden!

  2. Christoph Athanas

    @Riester-Rente

    Ich bin ja grundsätzlich über jeden Kommentar erfreut. Allerdings bitte ich dringend darum in Zukunft einen „echten“ Namen zu verwenden. „Riester-Rente“ etc. als Namen ist nicht nur unpersönlich, es sieht auch immer irgendwie nach Spam aus und das macht sich schlecht im Blog. Außerdem diskutieren wir doch besser von Person zu Person, also mit Namen/ Nickname, oder?!
    Daher werde ich zukünftig Kommentare unter solchen Namen wie „Riester-Rente“ etc. löschen.

    Ich bitte um Verständnis dafür – Danke sehr.
    Beste Grüße.

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