Sabbaticals liegen seit geraumer Zeit im Trend. Immer mehr Arbeitnehmer wünschen sich eine längere Reise als Ausgleich nach stressigen Phasen im Job oder eine Möglichkeit für eine fokussierte Weiterbildung. Kürzlich forderte auch Linke-Chefin Katja Kipping ein Recht auf zwei steuerfinanzierte Sabbaticals pro Berufsleben. Ob das realistisch und bezahlbar ist bleibt offen, zeigt aber die Aktualität des Themas. Arbeitgeber stehen der Auszeit ihrer Mitarbeiter häufig kritisch gegenüber. Doch die Nachfrage seitens der Mitarbeiter steigt. Ist also die Skepsis gegenüber dem Sabbatjahr begründet oder könnte es vielleicht sogar profitabel für Unternehmen sein?
Klar ist, dass das Sabbatical zu einem festen Bestandteil der Diskussionen über flexible Arbeitszeitmodelle geworden ist. Es ist Zeit einen kritischen Blick auf diese Form der Auszeit zu werfen – auch aus der Unternehmensperspektive…
Sabbatjahr, Auszeit, Sabbatical – Was bedeutet das?
Zunächst einmal ist es wichtig zu wissen, was ein Sabbatical eigentlich bedeutet. Denn es gibt verschiedene Möglichkeiten dieses anzugehen. Sowohl die Ziele als auch der Zeitraum können stark variieren. Während der eine von einer Weltreise träumt, möchte ein anderer sich fachspezifisch weiterbilden oder ein eigenes Projekt bearbeiten. Und während dem einen 3 Monate genügen, möchte sich der andere 6 oder 12 Monate Zeit nehmen. Auch die Modelle zur Realisierung der Auszeit unterscheiden sich stark: Unbezahlter Sonderurlaub ist ebenso eine Option wie ein Langzeitarbeitskonto, Lohnverzicht durch ein Teilzeitmodell oder im drastischsten Schritt die Kündigung.
Einen rechtlichen Anspruch auf eine Auszeit haben Arbeitnehmer in Deutschland – im Gegensatz zu Beamten, Lehrern und Angestellten des Öffentlichen Dienstes – derzeit nicht. Deshalb sind Unternehmen nicht verpflichtet ein solches Vorhaben zu unterstützen. Zwar ermöglicht das Teilzeit- und Befristungsgesetz, Arbeitnehmern Einfluss auf ihre individuelle Arbeitszeit zu nehmen, doch aus betrieblichen Gründen kann dies abgelehnt werden. Zur weiteren Erleichterung von flexiblen Arbeitszeiten wurde das Flexi-II-Gesetz geschaffen, welches zwar Langzeit- und Lebensarbeitszeitkonten regelt, jedoch als zu komplex und unübersichtlich gilt (was sich bei einem Blick ins Dokument bestätigt).
Generell werden Sabbatjahre meist erst ab einer Beschäftigungszeit von 3 Jahren und einer bestimmten Mindestgröße des Unternehmens gewährt. So gibt es beispielsweise bei der Deutschen Bank das “db zeitinvest”. Dahinter steckt ein Lebensarbeitszeitkonto, in dem Mitarbeiter Urlaubstage oder Teile ihrer Vergütung in einem Fond anlegen können und sich anschließend ein bezahltes Sabbatical finanzieren können.
High Potentials durch das Sabbatical an das Unternehmen binden
Der verschärfte Fachkräftemangel und die veränderte Sicht auf die Work-Life-Balance ermöglichen derzeit schon fast einen Sabbatical-Hype. Galten sie lange Zeit als Karrierebremse, fordern nun immer mehr Fachkräfte Zeit, um sich von Stress und Karrieresprüngen zu erholen. Das unterstreicht auch zum Beispiel diese aktuelle Studie hier in der 514 Arbeitnehmer und vier Experten zum Thema befragt wurden. Das Ergebnis: Knapp 88 Prozent der Befragten würden gerne eine Auszeit nehmen. Erstaunlich ist, dass das Ergebnis branchenunabhängig ist. Zu den Top-Gründen für ein Sabbatical zählen das Reisen und eine Pause vom beruflichen Stress.
Besonders die auf den Arbeitsmarkt drängende Generation Y setzt Unternehmen unter Druck. Eine ausgewogene Balance zwischen Privatleben und Beruf bzw. Freizeit und Office Hours ist ihnen größtenteils wichtiger als eine steile Karriere. Das zwingt Unternehmen langfristig dazu ihre Arbeitsmodelle zu überdenken. Zusatzleistungen wie kostenfreie Getränke, frisches Obst oder ein Team-Frühstück im Monat werden künftig wohl nicht mehr ausreichen. Genau hier kann ein vom Unternehmen gefördertes Sabbatical ansetzen. Mitarbeiter werden so aktiv bei der Erfüllung ihrer Träume unterstützt und das kann sich positiv auf das Employer Branding auswirken. Die daraus resultierende Identifikation mit dem Arbeitgeber kann sowohl dabei helfen die ausgebildeten Talente länger im Unternehmen zu halten als auch potenzielle Kandidaten anzulocken.
Führungskräfte in den Social Sabbatical schicken
Nicht nur die Arbeitgebermarke kann durch Sabbaticals Pluspunkte sammeln, sondern das gesamte Unternehmensimage. Durch Programme wie Manager ohne Grenzen können die Führungskräfte in ein soziales Sinn-Sabbatical geschickt werden. Statt an Projekten zum Brunnenbau teilzunehmen oder Schulunterricht zu organisieren geht es hier jedoch um den Wissenstransfer. Manager geben ihr Know-How im Bereich Betriebswirtschaft, Entwicklung und Projektmanagement weiter, um so nachhaltig Jobs zu fördern. Die Projekte sind meist auf 3 Monate ausgelegt. Am Ende profitiert nicht nur das geförderte Projekt, sondern auch das Unternehmen: Sie motivieren ihre Führungskräfte sich sozial zu engagieren, können so auch etwas für das eigene Image tun und bekommen einen motivierten Mitarbeiter mit neuen Erfahrungen und bestenfalls neuen Kontakten zurück. Besonders bei Mitarbeitern auf Positionen mit viel Verantwortung und Leistungsdruck kann so auch Burn-out-Prävention betrieben werden.
Mehr Leistung nach dem Jahr durch gestiegene Gesundheit
Dauerhafter Stress wirkt sich negativ auf die Kreativität aus und zu stark eingeschliffene Arbeitsprozesse können die Innovationskraft einschränken. Zwar ist es in der heutigen Leistungsgesellschaft wichtig, dass Arbeitnehmer während wichtigen Projekten auch mal den Beruf über das Privatleben stellen, wer das dauerhaft tut, wird die geforderte Leistung nicht erbringen können. Denn Fakt ist auch, dass der Mensch nicht permanent Vollgas geben kann und ruhigere Phasen braucht, um den Energiespeicher wieder aufzuladen. Eine Auszeit kann zu neuen Ideen und mehr Tatendrang verhelfen und wirkt sich zudem positiv auf die Gesundheit aus. Auf lange Sicht kann das auch dem krankheitsbedingten Ausfall von Mitarbeitern entgegen wirken. So können sowohl das Mind-Set als auch der Körper profitieren – und damit der Arbeitgeber.
Schicken wir bald alle Mitarbeiter in die Auszeit?
Auch wenn ein Sabbatical einige Vorteile für Unternehmen bringt, ist es dennoch mit einigem Aufwand verbunden, der nicht unterschätzt werden sollte. Je nach Unternehmensgröße bzw. Mitarbeiteranzahl können die Herausforderungen durch eine Auszeit größer oder kleiner ausfallen. Denn je größer die Belegschaft, desto geringer wirkt sich das Fehlen eines Mitarbeiters auf den gesamten Betrieb aus. Zu beachten dabei sind nicht nur die innere Abläufe und die Verteilung von Aufgaben im Team, sondern auch die Kommunikation nach außen mit Kunden und Partnern. Diese müssen über wechselnde Ansprechpartner informiert werden. Die damit verbundenen Übergabe- und Einarbeitungsphase können zur Verlangsamung von Betriebsprozesses führen. Auch hiervon sind Kunden betroffen. Ebenfalls muss geklärt werden, ob die Verantwortung der Auszeit-nehmenden Person auf andere Kollegen übertragen werden kann oder eine Aushilfe für den Zeitraum der Abstinenz benötigt wird. Je nach Länge kann die Antwort darauf unterschiedlich ausfallen. Von großer Bedeutung ist hier auch die emotionale Komponente. Ein eingespieltes Team muss auf einen geschätzten Kollegen verzichten und gleichzeitig müssen Aufgaben interimistisch übernommen werden – zumindest wenn die Stelle während der Auszeit nicht neu besetzt wird. Das kann zu Überforderung von einzelnen Mitarbeitern führen und sollte frühzeitig angesprochen werden. Gute Kommunikation ist hierbei essenziell.
Damit ein Unternehmen nicht unvorbereitet auf die Herausforderungen des Sabbaticals stößt, sollte sich die Personalabteilung vorher mit folgenden Punkten beschäftigen:
- Lässt die Auftragslage ein Sabbatical zu?
- Funktioniert das Team auch ohne den Kollegen oder wird eine Aushilfe benötigt?
- Ist genug Zeit für eine Übergabe- und Einarbeitungsphase?
- Sind externe Partner und Kunden vom Sabbatical betroffen?
- Ist der Wiedereinstieg in den Job geklärt?
Die Auszeit der Mitarbeiter steuern und davon profitieren
Sabbaticals bieten einiges an Potenzial und können ein schöner Baustein unter den Employer Brand-Maßnahmen sein. Damit sie jedoch nicht die Produktivität des Unternehmens gefährden, sollten sie strategisch geplant werden. Dazu gehört, dass der Arbeitgeber die Auszeit gemeinsam mit seinen Mitarbeitern organisiert und diese aktiv in den Prozess involviert. Von einem gemeinsam festgelegten Ziel können beide Seiten profitieren, indem das Sabbatical nicht nur mit Freizeit, sondern auch mit sinnvollen Weiterbildungen verknüpft wird.
Zusätzlich kann die Planung auch wirtschaftliche Vorteile bringen: Besonders kürzere Sabbaticals können dabei helfen Auftragsschwankungen entgegenzuwirken.
Um sowohl für das Unternehmen als auch den Arbeitnehmer mehr Sicherheit zu schaffen, lohnt sich ein Vertrag, in dem die wichtigsten Punkte festgehalten werden. Dazu gehören nicht nur die Rahmenbedingungen wie die Vergütung, Länge und Rückkehr, sondern auch Regelungen zu Übergaben der Tätigkeitsfelder an Kollegen und die besprochenen Ziele der Weiterbildung.
Fest steht allerdings: Wer auch in Zukunft als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen werden möchte, wird um flexible Arbeitszeitmodelle nicht herum kommen.
Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit unserer freien Redakteurin Linda Bachmann.