Zweinull – Eine Frage der Kultur?

Auf die Kultur kommt es an...

Welche Ausprägungen einer Unternehmenskultur helfen Social Media erfolgreich einzusetzen oder Collaboration im Unternehmen zu leben? Eine kleine Sammlung von (Unternehmens-) Kulturaspekten.

 

Im Themenfeld Human Resource 2.0 (in Anwendung vor allem Personalmarketing2.0, Recruiting2.0, Collaboration) wird erfahrungsgemäß sehr viel mehr über Tools gesprochen und – wie ich finde – noch immer zu wenig über Kultur. Dies ändert sich nach meiner Wahrnehmung zwar langsam schrittweise, aber m.E. kann die „Kulturdebatte“ durchaus noch etwas Input vertragen.
Das (Zweinull-/ Social Software-) Tools und deren Funktionsweisen eindeutiger zu erklären und damit leichter zu fassen sind als „Unternehmenskultur“ liegt oft auf der Hand. Daher kommt vielleicht auch die häufigere Berichterstattung darüber. Im Gegensatz dazu sind die Kulturbedingungen, welche „Zweinull“ fördern oder dem entgegenstehen schwerer greifbar.

Nun will ich also mit diesem Artikel einen Vorstoß machen und eine kleine Sammlung von unternehmenskulturellen Kulturaspekten starten. Diese Sammlung soll solche Kulturaspekte benennen, welche in besonderer Weise die Umsetzung und Akzeptanz von 2.0 getriebenen Themen und Projekten begünstigen.

Zuvor aber noch ein kleiner Exkurs zum Thema Unternehmenskultur:
Unternehmenskultur ist ein grober Arbeitbegriff, der zusammenfassend steht für die in einem Unternehmen herrschenden Werthaltungen, Traditionen, formelle und informelle Regeln und Glaubenssätzen. Diese Werte, Normen usw. bestimmen u.a. wie die Angehörigen des Unternehmens miteinander umgehen und wie die Außenwelt, das Umfeld des Unternehmens gesehen werden. Unternehmenskultur bildet also Leitlinien für Kommunikation und Verhalten der Unternehmensangehörigen ab.

Schauen wir nun auf verschiedenen Kulturbedingungen, welche für den Einsatz von Zweinull Anwendungen in Unternehmen förderlich sind. Die Aufzählung ist keine Rangfolge oder Abstufung nach Wichtigkeit:

1) Teilhabe
Prinzipiell gilt, dass jede Person etwas beizutragen hat und jede Person hat auch ein grundlegendes Interesse an Vorgängen in ihrem Umfeld teilzuhaben. Weil: Erwünschtheit von Teilnahme und Akzeptanz von Teilhabe aktivieren. Dies gilt prinzipiell für alle Stakeholder-Gruppen im und ums Unternehmen: Mitarbeiter, Kunden, Management, Shareholder, Bewerber…

2) Personenorientierung
Zentriertheit auf Bedürfnisse von Personen, nicht auf die Bedürfnisse von (Unternehmens-)Prozessen. Dies gilt m.E. weil: Menschen stehen für Menschen stets mehr im Mittelpunkt als (entmenschlichte) Prozesse. Das benannte schon das legedäre Cluetrain-Manifest… Menschen „leben“ Prozesse nur, wenn es ihnen sinnvoll erscheint. Strukturen werden im Zweifel informell umgangen, was via Social Software umso leichter wird.

3) Vom Konsumenten zum Produzenten – jeder bringt etwas ein
Inhalte gehören nicht wenigen, sondern können von jedem erzeugt werden. Die Bewertung von Inhalten (hilfreich oder nicht…) wiederum ist auch Aufgaben von den Vielen und nicht von wenigen Gatekeepern oder Ordnungsorganen.

4) Dialog vor Weisung
Zuhören und verstehen sind zentrale Anliegen. Dieser Wunsch nach Verständnis bietet die Grundlage um von anderen (intern/ extern) verstanden zu werden. Zudem ist diese Grundhaltung essenziell, um die Aspekte nach Pkt. 1-3 am Leben zu erhalten.

5) Vertrauen geht vor.
Vertrauen ist die Grundhaltung. Kontrolle ist nach wie vor gut und wichtig, wird aber quasi Ort, also bei den Verantwortlichen belassen. Die eigentliche Kontrollfunktion üben interne und externe (Informations-)Märkte aus.

6) Gemeinsames Wachstum
Kooperation geht vor Wettbewerb. Wissen teilen ist besser als es zurück zu halten. Vernetzung braucht lebendige Inhalte. Dafür ist Vertrauen und die Anerkennung von Kooperation hilfreich. Wettbewerb wird nicht grundsätzlich negativ besetzt, nur wenn er zu Abgrenzung führt.

Welche Aspekte müssten da noch rein und warum?
Ich freue mich über alle Ergänzungen und Anmerkungen.

5 Gedanken zu „Zweinull – Eine Frage der Kultur?

  1. Dirk Hellmuth

    Ich bin ebenfalls der Überzeugung, das die notwendige Unternehmenskultur für den Erfolg von Enterprise 2.0 Initiativen entscheidend ist – aus meiner Sicht ist sie wichtiger als die Technologien und gleichzeitig schwieriger zu gestalten, da sich dabei Menschen ändern müssen. Jahrzehnte lang gelernte Arbeits- und Denkweisen müssen hinterfragt und verändert werden, was für den Menschen als Gewohnheitstier oftmals schwierig und langwierig ist.

    Der Aufstellung möchte ich noch einen Aspekt hinzufügen: Eine Kultur der Fehlertoleranz. Die Offenheit und Transparenz macht auch Fehler öffentlich und es Bedarf einer gut entwickelten Kultur der Fehlertoleranz, um diese a) offen einzugestehen und b) zu analysieren, daraus zu lernen und c) ebenso transparent zu korrigieren. Nur wenn das Unternehmen das Verständnis verinnerlicht, das Fehler auch Chancen sind und kein Fungerpointing betreibt, werden die Mitarbeiter auch mutig, selbstbewusst und offen interagieren.

  2. Christoph Athanas

    Hallo Dirk Hellmuth,
    danke für die schöne Ergänzung.

    Ja, eine Kultur der Fehlertoleranz ist in jedem Fall wichtig und hilfreich. Ich denke das trifft generell zu, wenn eine Organisation lernen möchte. Im Fall von Enterprise2.0 Ansätzen ist das natürlich durch die gegebene Transparenz von noch höherer Bedeutung.

  3. Dr. Wolfgang Griepentrog

    Ich würde im Kontext von CSR die Unternehmenskultur nicht nur auf „Unternehmensangehörige“ beschränken, sondern auch externe Stakeholder einbeziehen, z.B. Lieferanten und Geschäftspartner. Sie sollten in eine verantwortungsbewusste, auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Unternehmenskultur eingebunden werden. Nur dann würde ich auch von Leitlinien sprechen, sonst eher von Korridor (kleiner, aber feiner Unterschied).

  4. Christoph Athanas

    Hallo Herr Griepentrog,
    ja, wenn man den Kontext verändert sind sicher viele Erweiterungen denkbar bzw. sinnvoll. Ich habe in meinem Artikel CSR (ich nehme an, Sie meinen „Corporate Social Responsibility“) überhaupt nicht thematisiert. Ihre Ergänzung ist also sehr sehr weit gefasst. Danke trotzdem.
    Den von Ihnen hinterlassenen allgemeinen Link auf Ihr Blog, wo Sie offenbar Ihr Buch vermarkten, habe ich allerdings gelöscht. Insofern Sie zukünftig gezielt auf einzlene zum Thema passende Artikel Ihres Blogs verlinken, sind solche Hinweise/ links natürlich willkommen.

  5. Helge Weinberg

    Hallo Herr Athanas,
    vielen Dank für die Initiative in Sachen Unternehmenskultur! Ich finde auch, dass zu viel über Tools gesprochen wird und nicht genug über das Umfeld, innerhalb dessen die Tools zum Einsatz kommen. In dem Zusammenhang halte ich eine Kultur der offenen Kommunikation für eine Grundbedingung. Das hört sich selbstverständlich an, ist es aber in vielen Unternehmen nicht. Dazu gehört die Bereitschaft zum Dialog im Sinne von Zuhören und Verstehen, zur (Selbst-)Kritik, zur Wertschätzung der Mitarbeiter, die von Herrn Hellmuth betonte Fehlertoleranz. Diese Kultur muss gewollt sein und gelebt werden. Hier geht es um Werte. Und die lassen sich nicht von heute auf morgen verändern. Das wird spannend für viele Unternehmen. Denn für die zukünftige Generation der Mitarbeiter ist gerade Wertschätzung ein wichtiger Punkt. Da helfen Tools wenig.
    Beste Grüße aus Hamburg,
    Helge Weinberg

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