Twitter nervt – und hilft?!

Screenshot vom Gezwitscher

Screenshot vom Gezwitscher

Es zwitschert allerorts! Twitter hat fleißig geboomt und viele viele Neu-Twitterer kamen in den letzten Monaten auf den Geschmack den Mirco-Newsdienst zu verwenden (allgm. Infos über Twitter hier!) Einzelpersonen aber auch immer mehr Unternehmen sind mit von der Partie. 
Auch wenn sich mittlerweile herausgestellt hat, dass bspw. US-Präsident Obama gar nicht selbst twittert und der Hype um Twitter abflaut, ist der Dienst als feste Größe in der Web2.0-Welt nicht mehr wegzudenken. Die Frage ist nun, wie wird Twitter in der Nutzung „erwachsen“ oder anders ausgedrückt, wann nervt Twitter (zB Kunden) und wann hilft es (Unternehmen)?

 

Ein Schlüssel hierzu kann die Leitlinie „Qualität schlägt Quantität“ sein. Zieht man diese Leitlinie als Maßstab für wertvolle Informationen heran, schlägt das Twitter-Pendel bei den meisten Twitter-Accounts in Richtung „nervt“ aus. Die ständige Verfügbarkeit via mobilem Internet und der Charakter des sozialen Vernetzseins lassen auf vielen Twitter-Accounts häufige Mitteilungen von zweifelhaftem Informationswert erscheinen („Mein Kaffee in Hamburg ist kalt“ usw.). Dies ist besonders häufig der Fall, wenn Einzelpersonen twittern und dabei private und berufliche Themen mischen. Ein nicht ganz unheikles Thema für Unternehmen, insofern es sich dabei um angestellte Einzelperson handelt (social media guidelines lassen grüßen!)
Aber lassen wir private Accounts und die von einzelnen Beratern/ Coaches mal außen vor und schauen auf die Nutzung von Twitter durch Unternehmen. Dort zeigt sich, dass es schon eine Reihe Unternehmen verstanden haben Twitter als Express-Kanal zu einem bestimmten Kunden- und Interessentenkreis zu nutzen und damit Informationen bereitzustellen. Welche Möglichkeiten gibt es via Twitter als Unternehmen zu kommunizieren? Welche kommunikationsstrategischen Zielsetzungen können identifiziert werden? Ich finde dies lässt sich am besten an Beispielen realer Twitter-Accounts darstellen:

  • Aktuelle, kurzfristige Informationen an die Kunden 
    Bsp. Twitter-Account von Lufthansa – die insb. während des Vulkanasche-Flugchaos hier viele wertvolle Infos kommunizieren konnten.
  • Kundeninteraktion mit persönlichem Touch in Kombination mit Marketing-News
    Bsp. Twitter-Account der GrandCityHotels, geschrieben von Christine Volpert, einer Mitarbeiterin aus dem Bereich e-Commerce des Unternehmens. Die Tweets sind direkte Kommunikation mit einzelnen Kunden ebenso wie persönliche Anmerkungen der Autorin gepaart mit offiziellen Marketinginformationen, bspw. reduzierte Zimmerkontingente.
  • Imagebildende Unternehmenskommunikation und Arbeitgeber-Branding
    Bsp. Twitter-Account von Daimler. Auch hier federführend eine Mitarbeiterin des Konzerns hinter den Tweets. Es gibt der Kommunikation den wichtigen persönlichen Touch, trotzdem dient es dem Zweck Daimler als Arbeitgebermarke positiv und interessant zu positionieren und Kontakt mit potentiellen Bewerbern herzustellen.
    Sehr schön wird bei Daimler deutlich, wie wichtig es ist Twitter-Kanäle für verschiedenen Themenschwerpunkte zu führen. So wird bspw. ein separater Sub-Kanal von Daimler zum zwitschern von Daimler-Auto-News verwendet.
  • Jobangebote veröffentlichen
    Als Beispiel können wir den Twitter-Jobkanal von der Postbank heranziehen. Hier werden zu ganz überwiegender Mehrheit nur Jobangebote gepostet. Auf eine Personalisierung durch die Benennung einer Autorin/ eines Autors wird verzichtet.
  • Micro-Kundenbetreuung
    Das Unternehmen 1und1 Internet AG bietet über seinen 1und1-Twitterkanal Kunden direkte Kommunikationsmöglichkeiten. Ein kleines Team (öffentlich benannter Personen) betreuut den Account. Es ist ganz offenbar so, dass zu einem großen Teil ganz konkrete Kundenfragen auf diesem Wege behandelt und erledigt werden. Info und Rückinfos via Twitter.
  • Pressemitteilungen, Öffentlichkeitsarbeit
    Die klassischste Twitter-Anwendung durch Unternehmen.

 

Was fällt auf?
Alle vorgestellten Beispiele können als erfolgreiche Verwendung von Twitter durch Unternehmen bzw. durch einzelne Angestellte im Sinne des jeweiligen Unternehmens gelten. Dies ist u.a. an der Anzahl der Abonennten („follower“) auszumachen. Außerdem kann in jedem dieser Twitter-Kanäle eine oder zwei der oben beschreibenen Kommunikationsausrichtungen klar erkannt werden. Damit wird der Kanal auch kommunikationsstrategisch wertvoll und kann als gelungen bezeichnet werden (wenn ggf. auch hier oder dort optimiert werden könnte…).
Aus Leserperspektive sind vermutlich diejenigen Kanäler interessanter, hinter welchen eine oder wenige Personen stehen und sich offen zu erkennen geben (siehe Bsp. von 1und1 oder von GrandCityHotels). Der persönliche Touch dieser Twitteraccounts ist Kennzeichen von Micro-Blogging. Stehen keine benennbaren Personen hinter den Tweets und sind es eher die aktuellen Informationen (Bsp. Lufthansa oder der Kanal von Postbankjobs), scheint eher ein 140-Zeichen Micro-Newsdienst betrieben zu werden. Die Attraktivität dieser Kanäle und damit der Informationswert wird m.E. sehr viel situationsabhängiger sinken oder steigen. D.h., jemand der seinen Flug umbuchen muss und auf neue Infos hofft wird den LH-Twitterkanal via Smartphone prüfen und dankbar annehmen solange er oder sie in der entsprechenden Sitation sind. Sobald diese sich ändert besteht kein Grund mehr dem Kanal zu folgen. Es gibt ja keine Person dahinter und keine „soziale Story“, welcher die Person binden könnte.

Fazit: Die Entscheidung ob Micro-Newsdienst oder Micro-Blog steht auf oberster Ebene der Anwendungsentscheidung wenn es um Twitter geht. Es kann dann festgehalten werden, dass Twitteraccounts helfen – Unternehmen und Kunden – wenn diese Accounts so ausgelegt sind, dass sie ein oder ggf. zwei klar definierte kommunikationsstrategische Zielsetzungen erfüllen. Kommt es zu einer zu starken Vermischung der Kommunikationsziele (PR, Kundenbetreuung, persönl. Touch, Produktnews, Recruiting…) wird der Account wohl weder die attraktiv sein in der Außenwahrnehmung ( = Infomüll der nervt), noch dem Unternehmen helfen. 

Fröhliches und wohlüberlegtes zwitschern wünscht,
Christoph Athanas

P.S: Nun auf den Geschmack gekommen werde ich hier im Human Resource-Blog auch noch über Twitter in der HR-Arbeit, respektive Twitter-Einsatzmöglichkeiten  in der Personalentwicklung schreiben. Aber das ist dann ein weiterer Artikel. Bis dann…