Mind the gap! Vier Fallen im Kundenservice vermeiden

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„Mind the gap“ kennen wir als Warnhinweis aus der Londoner U-Bahn, womit die Fahrgäste auf die Lücke zwischen Bahnsteig und Zug aufmerksam gemacht werden. Es gibt „the gaps“ aber auch anderswo – im Kundenservice bzw. Aftersales.

Dort lauern insbesondere vier Wahrnehmungslücken, welche Kundenzufriedenheit verhindern und Vertriebs- und Servicemitarbeiter frustrieren können. Wissen Sie, ob diese Lücken in Ihrem Unternehmen erkannt wurden? Wie die Lücken aufspüren? Welche Konsequenzen haben diese Lücken für Trainingsprogramme von bspw. Call Centern?
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Ein guter Kundenservice ist ein wesentlicher Faktor für Kundenzufriedenheit und Kundenbindung. Viele Vertriebsmitarbeiter sind außerdem auf guten After Sales angewiesen, damit aus Kunden Stammkunden werden und weitere Umsätze realisiert werden können. Allerdings gibt es einige Tücken, welche im Kundenservice lauern und viel Schaden anrichten können in der Beziehung zwischen dem Unternehmen und seinen Kunden. Das Tragische daran: Oft liegt es an den unterschiedlichen Wahrnehmungen und Erwartungen an den Service aus der jeweils spezifischen Position heraus begründet, dass die „gaps“, also die Lücken, dem einzelnen Betrachter gar nicht auffallen oder nur unvollständig erfasst werden. Erst ein gesamtheitliches Bild schafft Abhilfe.
Wir benennen vier Fallen bzw. Lücken.

1.Lücke: Annahmen des Managements darüber, was Kunden für einen Service erwarten.

Das Management macht die Leistungsvorgaben. Es setzt die Normen fest, was als gute Qualität und was als entsprechend guter Service verstanden wird. Zunächst eher strategisch z.B. durch benennen eines Leitbildes und nachrangig als operative Form durch Festlegung von Prozessanweisungen und Aktivitäten des Services bzw. in Verhaltensvorgaben an die Servicemitarbeiter.
Dieser wichtige Vorgang birgt das Risiko, dass von Seiten des Managements andere Annahmen darüber herrschen was Kunden als guten Service erwarten, als dies bei den Kunden tatsächlich der Fall ist. Hier droht Lücke 1 durch solche Fehlannahmen des Managements und daraus folgende fehlerhafte Servicevorgaben. Die Gefahr ist erfahrungsgmäß jedoch eher gering, da ein Manager auf oberer Ebene meist entsprechend detailliertere Ausarbeitungen für bspw. Prozesse oder Aktivitäten delegiert und somit Manager auf unterer Ebene die Ausgestaltung übernehmen. Solche Manager sind meistens näher an den Kunden dran und wirken so bei der operativen Übersetzung gewissermaßen als Korrektiv.

2.Lücke: Vorgaben des Managements an den Kundenservice und die tatsächliche Umsetzung.

Es werden Prozesse skizziert und Verhaltensanweisungen ausgegeben. Nur die Realität ist oft eine andere. Mitrbeiter in Vertrieb und Service setzen zum Leidwesen ihrer Manager nicht immer alle Vorgaben eins zu eins um. In der Konsequenz kann ein tolles Serviceleitbild und eine clever durchdachte Serviceabwicklung so zu Fall gebracht werden.
Die hier beschriebene Lücke ist meist der Anlass für Trainings und Personalentwicklungsmaßnahmen. Dabei wird häufig Fähigkeiten, also Können trainiert, obwohl die Ursache für die Lücke eher im Wollen besteht. Eine nachhaltige Personalentwicklung erforscht also hierfür sowohl Könnens-Potential, als auch die Motivation dieses Können anzuwenden (Wollens-Potential). Wenn dies aufmerksam geschieht, lässt sich diese Lücke ziemlich gut schließen.

Ein Beispiel aus unserem Erfahrungsschatz in HR-Beratungen mit der metaHR: In einem Unternehmen mit reichlich telefonsichen Kundenkontakt gibt es die Anweisung an die Service-/Vertriebsmitabreiter bei jedem Servicetelefonat den Kunden auch einen weiteren Produktvorschlag zu unterbreiten, also Up-Selling oder Cross-Selling zu betreiben. Die Vorgaben des Managements sind klar formuliert und es gibt auch quantitative Ergebniserwartungen an die Serviceteams. Tatsächlich werden die Service-Calls zuverlässig ausgeführt, aber es wird kaum Up- bzw. Cross-Selling betrieben. Das Unternehmen will seine Mitarbeiter daher nachschulen. Bei der Vorbesprechung mit den metaHR Trainern ergaben Befragungen, dass die Servicemitarbeiter häufig sehr wohl wußten, wie eine entsprechende Kundenansprache gehen würde, es aber meist nicht taten, weil sich sich dabei nicht wohl fühlten. Weitere Nachfragen ergaben, dass sich die Servicemitarbeiter in einem Rollenkonflikt befanden, weil sie sich als Helfer und Berater verstanden, aber nicht als Vertriebler. Die nachfolgende Trainingsmaßnahme ging also gezielt darauf ein, die Aufgabenstellen Up-Sales/ Cross-Sales mit dem Rollenverständnis der Servicemitarbeiter zu versöhnen. Erst in zweiter Linie ging es um Know-how. Soviel soweit zum Schließen dieser populären Lücke Nr.2.

3.Lücke: Geleisteter Service und das Erleben des Services durch die Kunden.

Der Service ist getan, das Gerät läuft wieder, der Umtausch ist abgeschlossen, die Auskunft erteilt usw. Alles ok, wieder ein Strich auf der Habenseite des Serviceteams, oder?! Möglicherweise ja, vielleicht aber auch nicht. Hier macht der Ton die Musik und es geht um das subjektive Erleben des Servicevorgangs durch den Kunden. Ja, klar, der Serviceauftrag ist erfüllt, das Ziel erreicht, aber wie ging es dem Kunden dabei? Wurde er ernstgenommen, hat er lange gebraucht, bis er sein Anliegen formulieren konnte, wurde dem Kunden Verständnis entgegen gebracht? Solche und viele weitere Fragen ermöglichen es ein Gespühr dafür zu entwickeln, was den Kunden beim Servicevorgang bewegt hat. Wesentliche Methoden zum Erkennen dieser Lücke sind Kundenbefragungen, Testkäufe oder mystery calls. Wichtig bei diesen Arten von Informationsbeschaffung sind neben formalen Kriterien (z.B. Bearbeitungszeit oder Erfolgreicher Abschluss der Kundenanfrage) insbesondere das subjektive Erleben des Kunden zu erfassen und solche Aussagen zu objektivieren (z.B. ob sich der Kunde respektiert und ernstgenommen gefühlt hat oder ob er bspw. das Gefühl hatte mit seinem Anliegen allein gelassen zu werden usw.). Die subjektive Erlebenswelt der Kunden als zweite Dimension der Kundenzufriedenheit zu erforschen macht Sinn, gerade dann, wenn auch hier mit Trainingsprogrammen auf die Existenz der Lücke reagiert werden soll. Nicht selten ist das Ergebnis von bspw. Testkäufen oder mystery calls zum Aufspüren der Lücke Nr.3, dass formal alles ok ist. Die Servicemitarbeiter sind kompetent, die Bearbeitungszeit ist akzeptabel und der Fall wird gelöst. Was aber bewegt den Kunden emotional? Die Ergebnisse hierzu können helfen die Trainings so auszurichten, dass der Service nicht nur formal gut ist, sondern sich auch für die große Mehrzahl der Kunden gut anfühlt. Aus unserer Erfahrung heraus ist es hierbei besonders zielführend Kundentypen zu clustern und die Mitarbeiter mit Verhaltensstrategien vertraut zu machen, welche ganz gezielt auf Motivationen dieser Kundengruppen eingehen. So kann sicher gestellt werden, dass das Serviceerleben ganz unterschiedlicher Kunden in gleichem Maße auf ein als angenehm empfundenes Niveau gebracht werden. Das hierfür nötige Kommunikationswerkzeug kann dann im Training sehr gut an authentischen Fällen geübt werden, welche ja im Vorfeld bei der Informationsbeschaffung in z.B. der Kundenbefragung schon gewonnen wurden. Somit steigt erfahrungsgemäß auch erheblich die Akzeptanz einer solchen Trainingsmaßnahme seitens der Mitarbeiter.

4.Lücke: Versprochener, kommunizierter Service und tatsächlich geleisteter Service

Diese Lücke ist der Klassiker schlechthin. Wer kennt die Geschichten nicht über die Servicewüste Deutschland, gern unterfüttert durch entsprechende Annekdoten, bei welchen eine werbemäßig kommunizierte Kundenorientierung den Realitätscheck nicht besteht. Beispiele beschreiben dann häufig den Kontakt mit Bahnpersonal. Ob das nun fair ist oder nicht kann und soll hier nicht geklärt werden. Eins ist aber klar: Eine Servicekultur oder einen Leistungskatalog zu kommunizieren macht nur Sinn, wenn dieser auch eingehalten werden kann bzw. die Servicekultur wirklich so besteht. Die Marketing bzw. PR-Abteilungen, welche idR hinter der entsprechenden Kommunikationsstrategie stehen, tun gut daran sich zuvor mit der unternehmenseigenen Servicerealität auseinander zu setzen. Diese Lücke ist gern hausgemacht und kann manchmal in Verbindung mit Lücke Nr.1 (Annahmen des Managements darüber, was Kunden für einen Service erwarten) auftreten. Insofern eine Lücke, welche relativ leicht zu identifizieren und damit auch zu vermeiden ist. Hilfreich hierfür sind z.B. regelmäßige „Frontbesuche“ von strategischen Managern z.B. im Vertriebsaußendienst oder im Call Center. Gleiches gilt für eine kurze Job-Rotation von Marketingverantwortlichen in entsprechende Bereiche. Eine enge Kooperation zwischnen Service/Vertrieb und Marketing ist ohnehin sinnvoll und hilft Mißverständnisse zu vermeiden und bspw. Materialien zur Verkaufsförderung gezielt auszurichten.

Fazit

Unser „Mind the gap“ im Service ist ein hilfreicher Hinweis zur Vermeidung bzw. dem Schließen von typischen Servicelücken. In der Londoner U-Bahn ist dieser Hinweis quasi omnipräsent. Dies gilt leider nicht für viele Servicebelange. Insbesondere für eine effektivere Personalentwicklung von Mitarbeitern in Vertrieb und Service scheint es ausgesprochen ratsam, wenn sich Unternehmen zuvor mit den „gaps“ des Services beschäftigen. Denn es gilt hier genauso wie im Londoner Untergrund: Wer die Lücke kennt, vermeidet sie einfach.