Jedes Jahr investieren Unternehmen Millionen in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter. Das ist lobenswert und sicher in vielen Fällen absolut richtig. Trotzdem darf und sollte die Frage nach dem Nutzen von Weiterbildungsmaßnahmen gestellt werden, dem ROI (return-on-invest).
Eine Möglichkeit zur Wirkungsmessung von Weiterbildungen ist es die Rendite einer Trainingsmaßnahme zu bestimmen. Dieser Gedanke kann Ausgangspunkt für den Einstieg in ein bedarfsgerechtes Weiterbildungscontrolling sein und Anregungen zur Evaluation eigener Maßnahmen bieten. Lesen Sie hier wie die Formel für die Bestimmung der Trainingsrendite lautet und zudem einige Ideen für die Anpassung an den eigenen Bedarf.
Eine Formel als Ausgangspunkt: Die Trainingsrendite
Den Begriff Rendite kennen wir alle insbesondere aus dem Bereich Kapitalanlagen. Der Begriff und seine Formel können jedoch auch für eine einfache Bestimmung eines Weiterbildungs-ROI verwenden.
Allgemein wird mit der Rendite derjenige Wert bezeichnet welcher die Differenz zwischen Ertrag und Aufwand im Verhältnis zu diesem Aufwand darstellt. Diese einfache Berechnung lässt sich auch in der Betrachtung von Weiterbildungs- oder Trainingsmaßnahmen anwenden. Die Grundformel sieht wie folgt aus:
Rendite (R) berechnet sich wie folgt:
R = Ertrag – Aufwand / Aufwand = Ertrag / Aufwand – 1
Auf eine Trainingsmaßnahme angewendet kann so eine Trainingsrendite berechnet werden.
Beispiel 1:
Ein Trainingsprogramm für Mitarbeiter in der Produktion hatte die Zielsetzung Bedienungsfehler an den Maschinen zu reduzieren und kleinere Wartungsarbeiten durch die Maschinenführer selbst ausführen zu lassen. Die Maßnahem hatte einen Aufwand von 24.000 € (Kosten für Trainer, Raum/ Anreise/ Verpflegung, Anteil unproduktiver Arbeitszeit usw.). Die Maschinenlaufzeit im 2-Schicht-Betrieb erhöhte sich in Folge des Trainings von bspw. 800 Minuten am Tag auf 840 Minuten am Tag. Der damit erreichte höhere Output hatte einen Gegenwert von 90.200 € im Jahr.
Damit beträgt die Trainingsrendite in diesem Fall (90.800 € / 25.000 €) – 1 = 2,632.
Oder anders ausgedrückt, pro investiertem Euro in die Personalentwicklungsmaßnahme kamen 2,63 € als zusätzlicher Ertrag zurück.
Beispiel 2:
Ein Trainingsprogramm für Verkaufsmitarbeiter hatte zum Ziel das Zusatzgeschäft anzukurbeln. Neben dem Verkauf des Hauptprodukts bieten die Verkäufer nun auch stets noch ein passendes Servicepaket an. Statt zuvor nur 1 von 20 Kunden nehmen das nun 4 von 20 Kunden in Anspruch und so generieren die Verkaufsmitarbeiter im Jahr einen zusätzlichen Umsatz von 30.000 €. Bei einem Aufwand von 12.000 € (Kosten für Trainer, Raum/ Anreise/ Verpflegung, Anteil unproduktiver Arbeitszeit). Die Trainingsrendite würde in diesem Fall 1,5 betragen, also für einen ins Training investierten Euro würden 1,5 zurückfließen (Ergibt sich aus: 30000 € / 12000 € – 1 = 1,5).
Natürlich sind die beiden vorgestellten Beispiele recht rudimentär und eine Reihe weiterer Faktoren können ebenfalls eine Rolle spielen. Beispielsweise ist noch keine Aussage getroffen über die Qualität der produzierten Teile (Bsp.1) oder die Entwicklung der Kundenzufriedenheit (Bsp.2). Solche parallelen Beobachtungen böten sich ebenfalls an, da eine negative Veränderung in einem dieser Bereiche ggf. die (fiktiven) Ziele der Maßnahmen kontakarieren könnte.
HR-Kennzahlen für die Weiterbildung sind kein Hexenwerk
Die Einfachheit der Trainingsrendite ist ein Angebot zum Einstieg in eigene Überlegungen. Das Messen von Auswirkungen bei Personalentwicklungsmaßnahmen ist kein Hexenwerk. Es erfordert nur etwas Methodik und den Willen es zu tun. Dafür bedarf es als Ausgangspunkt einer guten Überlegung welche Aspekte gemessen werden sollen und welche Kennzahlen sinnvoll für die Betrachtung der jeweiligen Maßnahme sind.
Die Untersuchung von Entwicklungen bei z.B. Qualität, Kunden- oder Mitarbeiterzufriedenheit, Fehlerquote, Kostensenkung, Umsatzsteigerung oder Zeitersparnis sind hier nur als Anregung zu verstehen. Es gibt durchaus eine Reihe weiterer Aspekte oder Kombinationen daraus, welche sich in Folge einer PE-Maßnahme sinnvollerweise nachhalten lassen.
Bildungscontrolling und Evaluation nach Krikpatrick
Ein rechtausführliches Modell zum Bildungscontrolling hat Donald Kirkpatrick geliefert. Sein
4-stufiger Ansatz liefert verschiedene Anker, um Weiterbildungswirkungen zu untersuchen.
Krikpatrick differenziert dabei wie folgt:
„Reaction“
Messung der Zufriedenheit von Teilnehmern einer Trainingsmaßnahme
(sog. „happy sheets“)
„Learning“
Lernerfolgskontrolle, bspw. Wissenstest oder Zertifizierungsprüfung.
„Behaviour“
Transferkontrolle, d.h. die Überprüfung, ob die Teilnehmer
Inhalte aus der Weiterbildung auch in ihrer betrieblichen Praxis einsetzen.
„Results“
Die Messung der Auswirkungen durch die Maßnahme bedingten Veränderungen
im Unternehmen oder auf Ebene einer Unternehmenseinheit.
Das kann bedeuten Kostensenkung, Reduktion von Fehlzeiten,
Krankheitsraten, Fluktuationsraten, Beschwerderaten oder Fehleranzahlen usw.
Die Vorbereitung und Umsetzung einer entsprechenden Evaluation sollte stets Teil von Planung und Umsetzung professioneller Personalentwicklungsmaßnahmen sein. Leider wird dies in der Realität von einer Reihe Unternehmen übersehen – aber das lässt sich ja ändern…
Noch eine weitere Quelle zum Thema: In seinem Blog beschäftigt sich Steffen Henkel u.a. häufig mit der Wirkungsmessung von Weiterbildungen (mit speziellem Interessse an interkulturellen Themen).
Kein Wunder, denn – nomen est omen – es handelt sich hierbei um das Blog: Wirkungen in der interkulturellen Weiterbildung.
Hallo Christoph,
vielen Dank für die Erwähnung in Deinem sehr interessanten Artikel.
Die Formel gefällt mir, denn sie besticht durch ihre Klarheit.
In meinem Blog biete ich ebenfalls zwei Formeln an, die ich bei Clive Shepherd gefunden habe. Hier der direkte Link: http://bit.ly/bdFhTZ
Was ich jedoch immer wieder interessant finde, ist das was Du am Ende Deines Artikels erwähnst: Warum interessieren sich – trotz vielen Geredes über Bildungscontrolling – Personaler in der Realität relativ wenig für solche Controllingansätze?
Zumindest bin ich von Seiten des Kunden in den letzten 10 Jahren als Trainingsanbieter nicht mit einer Frage danach konfrontiert worden.
Ich wäre begeistert, für das Themenbereich interkulturelle Personalentwicklung einen entsprechenden Prozess zu entwickeln.
Viele Grüße
Steffen
Hallo Steffen,
und danke für die freundlichen Worte zu meinem Artikel.
Die von Dir nach Clive Shepherd zitierten Ansätze sind m.E. ebenfalls sehr wertvoll. Wie man es dreht und wendet. Wichtig ist m.E. dass überhaupt etwas gemessen wird, wenn man Auswirkungen von Personalentwicklung nachvollziehbar und letztlich auch steuerbar haben möchte.
Ich denke übrigens nicht, dass sich Personaler wenig für Weiterbildungscontrolling interessierten, sondern es herrscht meiner Erfahrung nach in diesem Feld oft eine große Verunsicherung. Und dann wird dieses Thema eben eher totgeschwiegen oder durch andere „Dringlichkeiten“ verdrängt.
Ich kenne dazu aus eigener Beratungstätigkeit zumindest solche Aussagen:“Ja, EIGENTLICH wollten wir das mal evaluieren…“ usw.
Insofern: Ich meine es gibt einen Bedarf an soliden Evaluationen und Messungen im PE-Umfeld. Einfach mal aktiv ansprechen, oder?
Hallo Christoph,
in der Tat. Für mich gibt es eine große Differenz zwischen der Tatsache, dass Nachhaltigkeit und damit das Thema Evaluation, als sehr wichtig erachtet wird. Dem gegenüber steht, dass tatsächliche Evaluierung sehr wenig gemacht wird.
Stimmt, einfach mal aktiv ansprechen. Dabei ist die Kunst meiner Meinung nach, eine solide (nicht überperfekte, sondern solide) Wirksamkeitsmessung durchzuführen, den Aufwand dafür aber in einem angemessenen Rahmen zu halten.
Viele Grüße
Steffen
Hallo,
ich finde den Artikel sehr interessant. Weiterbildung ist ein wichtiger Faktor unserer Gesellschaft geworden. Doch nicht nur Unternehmen müssen deren Mitarbeit ständig weiterbilden. Es müssen auch die Mitarbeiter selber verstehen, dass Sie sich selbstständig weiterbilden müssen.
freundliche Grüße
Ramona
Hallo,
gibt es eine Formel, mit der ich als AN die Rendite einer Weiterbildung berechnen kann?
Ich habe es mal mit der obigen probiert, jedoch bekomme ich bei einer standart weiterbildung zum fachwirt, kosten 3000 € und einer gehaltserhöhung um 300€ / mtl (3600 Jahr) eine Rendite von 0,2 raus.
Mal abgesehen von der Rendite von 0,2, müsste man ja eigentlich auch das weitere Gehalt mit einbeziehen?! ich bekomme die 300€ brutto monatlich ja auch im nächsten Jahr weiter.