Unternehmenskultur wird immer mehr zum Wettbewerbsfaktor – auch für Arbeitgeber. Dafür braucht es Klarheit über den Cultural Fit, um die passenden „Überzeugungstäter/innen“ zu gewinnen und auszuwählen. Das Cultural Fit Konzept wird sinnvoll gleich an mehreren Stellen im Recruiting und Employer Branding eingesetzt. Die valide Messung erleichtert die Arbeit für Personalabteilungen. Auch HR-Berater/innen können von dem Thema profitieren und eine spezifische Qualifikation erwerben.
Unternehmenskultur als Wettbewerbsfaktor
Viele Unternehmen haben Schwierigkeiten sich von ihren Wettbewerbern klar zu differenzieren. Das betrifft nicht nur häufig die hergestellten Produkte oder Dienstleistungen, sondern auch die Unterscheidbarkeit als Arbeitgeber. Überall ähnliche Benefits: Vom Zuschuss zur ÖPNV-Fahrkarte über die flexiblen Arbeitszeiten, bis hin zu den vor allem bei Start-Ups unvermeidlichen Kickertischen. Schön, wenn es sowas gibt, nur unterscheidbar und nachhaltig attraktiv wird man als Arbeitgeber damit kaum werden. Wer meint hiermit und im Verbund mit ein paar der üblichen verdächtigen Slogans („Der Mensch steht bei uns im Mittelpunkt…“) Employer Branding zu betrieben, fehlt gewaltig. Während die Hard Facts wie Gehälter und Benefits von Wettbewerbern am Talentmarkt leicht kopiert werden können, sind diese Faktoren nicht einmal die wichtigsten Argumente wenn es um Mitarbeiterbindung und -zufriedenheit geht. Die emotionalen Angebote eines Arbeitgebers wiegen deutlich schwerer. Emotionale Angebote? Genau: Mission, Vision und Kultur. Diese Faktoren gewinnen und binden die echten Überzeugungstäter/innen! Besonders dem Aspekt Unternehmenskultur kommt dabei eine herausragende Bedeutung zu. So könnte man in Anlehnung an Bill Clintons einstiges Wahlkampfmotto ausrufen: „It´s the Culture, stupid!“
Verstanden haben dies offenbar mittlerweile zahlreiche Personen aus dem strategischen Management. So gaben in der Deloitte Studie Global Human Capital Trends 2016 rund 82% der befragten C-Level-Vertreter an, dass Unternehmenskultur für sie ein potenzieller Wettbewerbsvorteil ihres Unternehmens sei. Gleichzeitig meinten aber nur 12% ihre aktuelle Unternehmenskultur wäre bereits so wie diese ist passend. Oh, Kulturwandel, ich hör dir trappsen…
Zahlen belegen den Mehrwert von Unternehmenskultur
Das Thema Kultur ist für Unternehmen absolut kein Neues. Und doch meint man erst im Zuge der sich umkehrenden Kräfte am Arbeitsmarkt mit tendenziell immer weniger und immer selbstbewussteren Fachkräften, mehr von dem Thema zu hören. Das eine gepflegte Unternehmenskultur Mehrwert schafft weisen mittlerweile zahlreiche wissenschaftliche Studien nach. Auf ihre Kultur acht gebende Unternehmen, nämlich solche die werteorientiert und wertefundiert ausgerichtet sind, erzielten bspw. einen um Faktor 15 höheren Aktienkurs und ein um Faktor 6 höheres Ertragswachstum (vgl. Jim Collins und Jerry Porras: Build to Last, 2004). Dabei gibt es nicht die gute oder schlechte Kultur, sondern nur diejenige, welche in sich konsistent ist, die real nach innen und außen gelebt wird und deren Leitwerte ohne größere Konflikte miteinander funktionieren. Ergo: Eine erfolgreiche Unternehmenskultur kann viele Gestalten haben. DIE Winner-Kultur gibt es nicht…
Cultural Fit oder wie Kultur schon bei der Personalgewinnung beachtet wird
Wer bereits in der Personalgewinnung Einfluss auf die eigene Kultur haben möchte, wird um das Konzept des Cultural Fits nicht herum kommen. Es geht dabei um die Erzielung einer ausreichend guten Passung von zukünftigen Mitarbeiter/innen mit der vorherrschenden Unternehmenskultur. Dabei muss vor allem das Mindset (Werte) des Bewerbers sich mit der Wertelandschaft des Unternehmens vertragen. In zweiter Linie betrifft dies auch den Umgang des Bewerbers mit bestimmten die Kultur im Unternehmen prägende Verhaltensweisen. Diese Schwerpunktsetzung im Cultural Fit geschieht u.a. aus dem Bewusstsein heraus, dass Fähigkeiten trainiert und eher kurz- oder mittelfristig erworben werden können, jedoch vor allem Werte und Haltungen nicht eben schnell verändert werden können. Der bekannte Ausspruch „Hire for Attitude, Train for Skill“ bringt dies gut zum Ausdruck. Darüber hinaus bringt ein höherer Passungsgrad zwischen Personen und Organisationen bessere Chancen auf höhere Mitarbeiterzufriedenheit, gesteigerte Performance und Mitarbeiterbindung mit sich (vgl. Kristof-Brown, 2005). Ziemlich gewichtige Gründe also für die entsprechende Wertschätzung der unternehmenskulturellen Bewerberpassung.
Richtig gemacht ist Cultural Fit eher Future Fit statt Gleichmacherei
„Aber führt Cultural Fit Recruitment nicht dazu immer nur die gleichen Mitarbeitertypen zu bekommen?“ könnte nun eine ketzerische Nachfrage lauten. Natürlich kann dies passieren. Allerdings ist Cultural Fit nicht automatisch die Suche nach dem 100%-Match. Es kann leicht verhindert werden in einen solchen Suchmodus zu geraten. Grundbedingung um den Cultural Fit steuern zu können ist dessen valide Messung. meta HR, DEBA und Ingentis haben mit dem Cultural Fit Evalueator (CFE) das valide Tool auf den Markt gebracht, welches genau dies leistet. Der Cultural Fit zwischen einem Bewerber und dem jeweiligen Unternehmen wird exakt bestimmt. Die Vorgabe für den perfekten Cultural Fit Match kann dann allerdings bspw. einen SOLL-Anteil enthalten, quasi einen Future Fit. So kann eine Organisation nach kulturell anschlussfähigen Kandidatinnen und Kandidaten Ausschau halten, die aber gemäß strategisch gewolltem Kulturwandel einen Schuss mehr einer bestimmten Orientierung bzw. Einstellung mitbringen. Wendet eine Organisation dieses Verfahren konsequent an, kann man mit dem kontrollierten Cultural Fit Recruiting Diversität sogar befördern statt verhindern!
Wo im Prozess Cultural Fit wirksam werden sollte
Die Frage wo im Recruitingprozess Cultural Fit eine Rolle spielen sollte, hat unser Projektteam bei der Entwicklung des Cultural Fit Evalueators ausführlich beschäftigt. Wir kamen zu dem Schluss, dass Cultural Fit nicht nur eine Größe in der aktiven Personalauswahl ist, sondern auch in vor- und nachgelagerten Prozessen eine Rolle spielen sollte. Die nachstehende Grafik zeigt die Einsatzfelder für Cultural Fit, wie diese auch vom Cultural Fit Evalueator bedient werden:
Lange vor der Auswahl einzelner Kandidat/innen kann Cultural Fit optimal bereits in der Arbeitgeberkommunikation eingebunden werden. Dazu ist es hilfreich, wenn ein Unternehmen eine Form der Rückmeldung darüber erhält, welche Art kultureller Passung die aktuell angezogenen Bewerber/innen haben. Erreicht ein Unternehmen bspw. bei den an einer Mitarbeit interessierten Männern eine bessere Passung, als bei den Frauen, kann dies eine wichtige Information sein, um eine Kampagne nach zu schärfen, insbesondere, wenn vor allem mehr weibliche Bewerberinnen gewonnen werden sollen. Damit ein Unternehmen diese Form des Employer Brand Communication Controllings vornehmen kann, braucht es eine unternehmenskulturelle Auseinandersetzung solcher Jobsucher mit dem Arbeitgeber. Dies wird in Form eines auf der Karriere-Webseite angebotenen Self-Assessments getan. Im Falle des Cultural Fit Evalueators werden dabei Jobinteressenten auf der Karriere-Webseite des spezifischen Arbeitgebers aufgefordert freiwillig und anonym den Kulturcheck zu machen („Wie gut passen wir zusammen?“). Die potenziellen Bewerber erhalten nach der (kurzen, webbasierten) Durchführung eine Rückmeldung über ihre Passung und einige Infos zur Kultur des Zielunternehmens, der Arbeitgeber wiederum eine Reihe interessante Daten darüber worin genau die Passung dieses potenziellen Bewerbers besteht. Stellt sich anhand solcher Daten bspw. heraus, dass die angezogenen Jobinteressenten vor allem Werte präferieren, die das Unternehmen weniger bedeutend findet, können die Botschaften des Personalmarketings entsprechend nachjustiert werden.
Im Rahmen der Auswahlentscheidung ist ein individueller Cultural Fit Score, wie dieser für jeden Bewerber vom Evalueator angegeben wird, ein guter Orientierungspunkt. Neben dem Professional Fit (fachliche Passung, Erfahrung, Skills, Gehaltsvorstellungen), kann so auch systematisch die unternehmenskulturelle Passung in die Auswahlentscheidung einfließen. Der im Evalueator erzeugte Cultural Fit Report zeigt zudem, wo es sich besonders lohnt, hinzuschauen. So werden Bewerberinterviews im Hinblick auf die Cultural Fit Feststellung gezielt unterstützt.
Den eigenen Cultural Fit bestimmen: So können Personalabteilungen beginnen
Die Employer Brand, bzw. die Arbeitgeberpositionierung gibt die entscheidenden Hinweise darauf, wer zum Unternehmen passt – und wer nicht. Das Messen des Cultural Fits ermöglicht es diese Vorgabe wie oben erläutert in die Arbeitgeberkommunikation und den Auswahlprozess zu integrieren. Um zu einem Ausgangsbild zu gelangen gibt es vorrangig zwei Wege. Der eine Weg besteht darin ein valides Tool wie den Cultural Fit Evalueator zu nutzen, um eine repräsentative Stichprobe der IST-Kultur der aktuellen Belegschaft zu erheben. Ein solches IST-Bild der Kultur kann prinzipiell als 1-zu-1-Vorgabe für den Cultural Fit von Bewerberinnen und Bewerbern dienen, sofern genau diese vorliegende Kulturpassung gesucht wird. Für viele Unternehmen jedoch gilt die bereits weiter oben thematisierte Anforderung einen gewissen Kulturwandel zu vollziehen. Dazu wird der Anteil an gewünschtem Future Fit in die IST-Kultur eingearbeitet. Dies beschreibt auch bereits den zweiten Weg, wie der eigene Fit bestimmt werden kann: Ein Workshop mit internen (und idealerweise auch externen) Experten für das Thema. In einem solchen Workshop würde ein Projektteam die nötige „Übersetzungsarbeit“ leisten, um Employer Value Propositions (EVPs) in ihre Kulturdimensionen zu zerlegen und deren Messung möglich zu machen. Da das Aufsetzen eines komplett eigenen Messmodells für die Unternehmenskultur sehr aufwändig ist, macht solches „Übersetzen“ der unternehmenseigenen Kulturaspekte und Leitwerte in ein bestehendes und universell einsetzbares Tool wie den Cultural Fit Evalueator nicht nur Sinn, sondern auch den deutlich geringeren Aufwand.
Selbstverständlich können beide Verfahren, nämlich die Befragung eigener Mitarbeiter/innen, wie auch der Experten-Workshop gut miteinander kombiniert werden, um IST-Cultural Fit und SOLL-Cultural Fit zu ergründen und zu fixieren.
So können HR-Berater/innen mit dem Thema loslegen
Da das Thema Cultural Fit bzw. Arbeit mit Unternehmenskultur innerhalb und außerhalb des Recruitment-Kontextes wichtiger wird, liegt es auf der Hand, dass auch HR-Berater/innen hier anschlussfähig sein müssen. Um in dem Themenkreis Unternehmenskultur und Wertearbeit Lösungsansätze aufzeigen zu können, bietet meta HR in Zusammenarbeit mit der Deutschen Employer Branding Akademie (DEBA) erstmalig diesen November einen speziellen Weiterbildungstag an. Mit dem „Certified Cultural Fit Consultant“ erwerben Beraterinnen und Berater die Qualifikation mit unserem dem vielseitigen Kulturmodell der meta HR Wertelandkarte und dem webbasierten Cultural Fit Evalueator zu arbeiten. Sie können damit unseren aus der Wissenschaft abgeleiteten aber trotzdem praktisch leicht einsetzbaren Ansatz für Kultur- und Wertearbeit verwenden. Darüber hinaus werden Sie Partner für den Cultural Fit Evalueator und haben fortan die Option, das Tool in Ihren Kundenprojekten einzusetzen. Dabei gelten dann für Sie bevorzugte Partnerkonditionen. Sie gehen keine vertrieblichen Verpflichtungen ein! Alles kann, nichts muss ;-)
Nach Besuch dieses Tageskurses erhalten Sie in jedem Fall das Zertifikat „Certified Cultural Fit Consultant“.
Die nächste Weiterbildung dieser Art findet übrigens am 03. April 2017 in Berlin statt. Alle weiteren Informationen gibt es hier.
Titelbild via Pixabay free pics
Absolut richtige und wichtige Aussagen. Neben der Persönlichkeit sollten auch die persönlichen Ziele mit den Möglichkeiten, das ein Unternehmen in Hinsicht auf die Entwicklung bietet, übereinstimmen. So ist gewährleistet, dass die Mitarbeiter sich nicht nur für das Unternehmen, sondern auch für sich selbst motivieren und weiterentwickeln.