Selbstwirksamkeitserwartung: Wie Sie den Glauben an die eigene Kompetenz stärken. Eine Einführung für Führungskräfte und Trainer.
Menschen verfügen über viele verschiedene, unterschiedlich stark ausgeprägte Kompetenzen, welche die Basis für ihr Handeln darstellt. In ihren Kompetenzen unterscheiden sich z.B. einzelne Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen eines Teams. Die Erfolgsaussichten beim Ausführen von Handlungen entsprechenden wird jedoch nicht nur durch die vorhandenen Kompetenzen vorbestimmt, sondern auch durch unsere eigene Annahme darüber, wie einflussreich und gezielt wir Ergebnisse tatsächlich selbst bewirken können. Diese Annahme nennt man Selbstwirksamkeitserwartung (perceived self-efficacy).
Im Gegensatz zu einer hohen Selbstwirksamkeitserwartung, welche erzielte Ergebnisse mit dem eigenen Handeln in Zusammenhang bringt, lässt eine niedrige Selbstwirksamkeitserwartung mehr Raum für Erklärungen á la Zufall, äußere Umstände oder die Einwirkung durch andere Personen. Diese Zuschreibung von Ergebnissen („Attribution“) an sich selbst oder an andere wirkt sich wieder aus auf die zukünftige Annahme darüber, ob man selbst Einfluss nehmen kann oder den Ereignissen mehr oder weniger ausgeliefert ist. Bei einer entsprechend positiven, also selbstwirksamen Erwartung neigen Menschen dazu sich herausfordernde Ziele zu setzen und durchschnittlich bessere Leistungsergebnisse zu erzielen, was wieder zu einer Stärkung ihrer Selbstwirksamkeitserwartung führt. Die Wissenschaftler Locke und Latham sprechen dabei vom sog. „high performance cycle„.
Eine hohe Selbstwirksamkeitserwartung stärkt also Leistungsfähigkeit und Leistung, erhöht die Chance sich gegen Widerstände durchzusetzen und auch Veränderungen besser zu verarbeiten. Aus diesen Gründen ist es ratsam in der Mitarbeiterführung auf einen positiven Rahmen für Selbstwirksamkeit zu setzen bzw. Selbstwirksamkeitserfahrungen gezielt auch in Personalentwicklungsmaßnahmen zu trainieren.
Führungskräfte oder Trainer können die Selbstwirksamkeitserwartung ihrer Mitarbeiter oder Seminarteilnehmern positiv beeinflussen, indem Sie folgende Wege gehen (nach Albert Bandura):
1. Beobachtung von erfolgreichen Modellen
Wir alle lernen durch Beobachtungen. Dabei sind die Situationen oder Personen, welche wir bei Handlungen beobachten für uns Modell. Klassisch nehmen bspw. Kinder so Anleihen bei Ihren Eltern oder Mitarbeiter bei Ihren Führungskräften. Wichtig ist, dass eine Beobachtung einer erfolgreichen Aufgabenbewältigung dann von uns als Stärkung unserer Selbstwirksamkeitserwartung verstehen, wenn die beobachtete Person uns selbst möglichst ähnlich ist. Dann schreiben wir den Erfolg den Kompetenzen zu und fühlen uns motiviert eine ähnliche Aufgabe auch selbst lösen zu können. Im Umkehrschluss bewirkt ein beobachtetes Scheitern Demotivation und keine Erhöhung unserer Selbstwirksamkeitserwartung, wenn die Person uns ähnlich ist.
Konsequenz daraus für Führungskräfte oder Trainer:
Schaffen Sie Bedingungen, die dazu beitragen, dass Sie bspw. eine gelungene Technik Vorführen können. Zeigen Sie nur, was Sie selber auch wirklich beherrschen. Betonen Sie Ihre Ähnlichkeiten mit den Beobachtern (Mitarbeiter/ Seminarteilnehmer) durch Ansprache von gemeinsamen Erfahrungen und gemeinsamen Wissen. So wird bspw. eine Vorführung eines Arbeitsschrittes oder die Demonstration einer Kommunikationstechnik zum Modelllernen und Sie induzieren die positive Selbstwirksamkeitserwartung.
2. Das Meistern von schwierigen Situationen
Der erfolgreiche Umgang mit als schwierig empfundenen Situationen stärkt das Vertrauen in die eigenen Kompetenzen und führt zu einer erhöhten Selbstwirksamkeitserwartung. Damit fühlt sich die Person auch zukünftigen Herausforderungen gewachsen. Im Umkehrschluss kann wiederholter Misserfolg eine Vermeidungshaltung herbeiführen.
Um die Selbstwirksamkeitserwartung durch Erfolge oder Misserfolgserlebnisse zu beeinflussen, ist die Erklärung der Ergebnisse durch die handelnde Person wichtig (sog. Attribution / Zuschreibung): Wird das Ergebnis als eigen Verantwortlich wahrgenommen, so führt es im positiven Fall zu einer Erhöhung der Selbstwirksamkeitserwartung. Im negativen Fall nicht. Aber: Bei bereits bestehender höher Selbstwirksamkeitserwartung macht die Person trotz Misserfolgen weiter, während andere resignieren.
Konsequenz daraus für Führungskräfte oder Trainer:
Schaffen Sie Situationen und stellen Sie Herausforderungen, die zwar schwierig aber zu schaffen sind. Steigern Sie die Herausforderungen. Gerade im Training sollten erst einfache, dann komplexere Übungen erfolgen. In der Führung sollten Sie sicherstellen, dass insbesondere neue Mitarbeiter schnell kleine Erfolge erleben.
Besprechen Sie in jedem Fall (Arbeit/ Seminar) die Ergebnisse und sorgen Sie für eine positive Zuschreibung der Ergebnisse durch die Person selbst.
3. Soziale Unterstützung
Ganz schlicht: Bekommen Menschen von anderen Menschen Zuspruch, so trauen Sie sich eher etwas zu und neigen eher dazu an sich zu glauben.
Konsequenz daraus für Führungskräfte oder Trainer:
Geben Sie stets einen Vertrauensvorschuss. Sprechen Sie klar aus, dass Sie an den Erfolg der Person im konkreten Fall glauben. Bieten Sie ggf. punktuelle Unterstützung an, wobei aber die Betonung klar auf flankierende Unterstützung liegt und nicht eine Freikarte für das Zurückgeben der Aufgabe an den Chef enthalten ist.
Trainer können zudem vor Übungen betonen, dass gemäß Punkt 1 viele Personen mit ähnlichen Hintergründen schon sehr erfolgreich mit der Technik etc. gearbeitet und diese erfolgreich erlernt haben.
4. Abbau von Stressreaktionen
Die eigenen physiologischen Reaktionen auf schwierige Situationen oder neue Anforderungen stellen häufig die Basis unserer Selbstwirksamkeitseinschätzung dar.
Nehmen wir unseren beschleunigten Atmen, unser Herzklopfen oder unsere schweißnassen Hände wahr, interpretieren wir dies oft als unsere Schwäche, da wir Angst vorm Scheitern haben. Diese Signale können unsere Zweifel stärken und so zu einer niedrigen Selbstwirksamkeitserwartung führen (im Sinne von „das schaffe ich doch nie…“).
Die Reduktion von solchen Stresssignalen kann helfen, entspannter an entsprechende Herausforderungen heranzutreten und so die eigenen Chancen zu erhöhen, diese erfolgreich zu bestehen.
Konsequenz daraus für Führungskräfte oder Trainer:
Mitarbeiter, welche Starke Stresssignale zeigen ggf. erst in leichter Dosis an eine Aufgabe heranführen. Im Zweifelsfall Unterstützungsangebote wie Anti-Stress-Training usw. nutzen.
Trainer sollten darauf achten, dass Teilnehmer, welche starke Stresssignale senden die Möglichkeit haben eine Übung ggf. nur in Teilen auszuführen um so die Erfolgschance zu erhöhen. Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung durch den Trainer oder die Möglichkeit der Unterbrechung einer Übung an beliebiger Stelle sind ebenfalls hilfreich. Im Zweifelsfall sollte den Teilnehmern im Training auch stets freigestellt sein, mal eine Übungssequenz auszusetzen und nur zu beobachten. Das sollte Stress reduzieren und positive Effekte hervorrufen helfen (gemäß Pkt. 1).
CA
Nützliche Quellen:
– Locke, E. A.; Latham, G. P. (1990): A Theory of Goal Setting and Task Performance, Englewood Cliffs
– Bandura, A. (1997): Self-efficacy: The exercise of control. New York: Freeman
Relevantes Thema, für sich selbst wie für Mitarbeiterführung! Wer lieber auf Deutsch nachlesen mag, dem sei der Berliner Selbstwirksamkeitsforscher Ralf Schwarzer empfohlen, „Stress, Angst und Handlungsregulation“, mittlerweile in der vierten Auflage, soweit ich weiß.
Hallo Frau Dr.Schmitz, vielen Dank für den ergänzenden Literaturhinweis!