Gesetz zum Arbeitnehmer-Datenschutz – Recruiting in sozialen Netzwerken in Gefahr!?

data-safeDas Gesetz zum Arbeitnehmer-Datenschutz ist auf den Weg gebracht

…und beinhaltet dabei auch einen Abschnitt, der die Internetrecherchen des Arbeitgebers im Rahmen der Personalauswahl, sprich des Recruitings, regeln soll.

 

Der Hintergrund dieser Gesetzesinitiative (die sueddeutsche.de nennt es das
Anti-Skandal-Gesetz) ist vielen sicher noch gut in Erinnerung: Die Bespitzelung von Mitarbeitern bei Lidl oder die ebenfalls unschönen Datenskandale bei der Telekom oder der Bahn haben die Bundesregierung zum Handeln bewegt. Eine wichtige Gesetzeslücke sollte geschlossen werden und der Datenschutz in Betrieben auch gerade zu Gunsten der Mitarbeiter auf den Stand der Zeit gebracht werden.

Wie das nunmal zu sein scheint bei gesetzlichen Regelungen, bleibt es nicht nur beim Kernthema, sondern es werden gleich eine Reihe Nebenschauplätze mit angesprochen. In diesem Fall sieht der Gesetzesentwurf zum Arbeitnehmer-Datenschutz folgende Handlungsfelder vor:

 

  • ÜBERWACHUNG: Heimliche Videoüberwachung wird untersagt.
  • GESUNDHEITSCHECK: Wird alles in allem weiter erlaubt bleiben.
  • KORRUPTIONSBEKÄMPFUNG/ DATENSICHERUNG: Der Arbeitgeber darf Daten von
         Mitarbeitern nur erheben ohne diese darüber zu unterrichten, wenn bestimmte enge
         Voraussetzungen vorhanden sind (z.B. Verdacht auf Straftat)
         und
  • INTERNET-RECHERCHE: Der Arbeitgeber darf sich nicht mehr uneingeschränkt im Internet
         über Beschäftigte/ Bewerber informieren.

 

Der letzte Punkt, derjenige über die Grenzen der Internetinformation insbesondere aus sozialen Netzwerken, wie Xing oder Facebook ist für die Personalbeschaffung und Recruitingaktivitäten von Unternehmen von besonderer Relevanz.
Daher hierzu ein paar Details:
Grundsätzlich wird darf sich der Arbeitgeber weiterhin über allgemein zugängliche Quellen über Bewerber informieren. Soziale Netzwerke werden aber zweigeteilt, in wo sich Unternehmen informieren dürfen (1) und solche, wo dies untersagt werden soll (2).

(1 – erlaubt) Die der Kommunikation dienlichen Netzwerke mit eher als privat anzusehendem Charakter (z.B. Facebook, studiVZ) sind für die Recherche untersagt.

(2 – untersagt) Bei social media Plattformen, welche der beruflichen Nutzung und eigenen Karrierepräsentation der Bewerber dienen (z.B. Xing oder LinkedIn) – wird Recherche und Arbeitgeberinfo erlaubt bleiben.

Um mehr Klarheit über diese Regelung bzw. deren Entwurf zu erhalten, hier das Zitat aus dem Hintergrundpapier zum Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes (Kabinettbeschluss vom 25.08.2010):
„Internetrecherchen des Arbeitgebers (§ 32 Absatz 6): Der Arbeitgeber darf sich grundsätzlich über einen Bewerber aus allen allgemein zugänglichen Quellen (z.B. Zeitung oder Internet) informieren. Eine Einschränkung der Informationsmöglichkeiten des Arbeitgebers sieht der Gesetzentwurf hinsichtlich sozialer Netzwerke im Internet vor. Soweit soziale Netzwerke der Kommunikation dienen (z.B. facebook, schülerVZ, studiVZ, StayFriends), darf sich der Arbeitgeber daraus nicht über den Bewerber informieren. Nutzen darf der Arbeitgeber jedoch soziale Netzwerke, die zur Darstellung der beruflichen Qualifikation ihrer Mitglieder bestimmt sind (z.B. Xing, Linked In). Damit soll der Ausforschung privater, nicht zur Veröffentlichung bestimmter Daten entgegengewirkt werden.“

Was ist davon zu halten?
Bedeutet dieser Vorstoß eine Gefahr für Social Media Recruiting
und Employer Branding Kampagnen?
Im Interview auf wdr.de sagt der Fachanwalt Jens Ferner zu dem Gesetzesabschnitt über die Nutzung der sozialen Netzwerke folgendes:
„Das Gesetz normiert ein Guckverbot. Und der aktuelle Entwurf spricht von sozialen Netzwerken, aber ohne genau zu formulieren, was damit gemeint ist. Dann kommt der Zusatz, ‚die der Kommunikation dienen‘. Aber was ist mit einem Diskussionsforum? Das dient doch genauso der Kommunikation, ebenso Kommentare in einem Blog. Wo soll man da die Grenze ziehen? Der Entwurf gibt überhaupt keine Vorgabe. Am Ende liegt es dann bei einem möglicherweise abgewiesenen Bewerber für eine Stelle, zu klagen, ob man Daten überhaupt hätte nutzen dürfen. Und selbst wenn die Personalabteilung einen Eintrag nicht zur Begründung heranzieht: Wenn sie ihn liest, ist sie trotzdem beeinflusst.“

 

Zwischenfazit:
Der Rechtsanwalt bemängelt im genannten Interview die Praxistauglichkeit des Gesetzentwurfes, findet jedoch auch lobende Worte. Aus meiner Sicht, scheint der Abschnitt über die Nutzung/ Nicht-Nutzung sozialer Netzwerke durch Unternehmen zur Information über Bewerberkandidaten jedenfalls noch gehörige Anpassungen nötig zu haben. Der Kommentar von Soziale NetzwerkeAnwalt Ferner zeigt dies bereits deutlich auf. Die ungeheuer schwammige Formulierung hinsichtlich der Klassifikation von sozialen Netzwerken wird so wohl nur zur Verunsicherung seitens der Unternehmen und der Recruiter führen. Da sollte nachgebessert werden.
Zudem meine ich, dass es schwierig und nicht angemessen ist die social networks per se in „Karriere“ und „Privat“ einzuteilen. Klar ist die Nutzung auf Xing tendenziell eher businessgetrieben und auf studiVZ wohl eher freizeitorientiert – aber: Liegt es nicht an jedem Nutzer selbst, wie er/sie das jeweilige Netzwerk einsetzt? Mir fallen gerade in Xing eine Reihe von Personen ein, die sich dort auch und zunehmend stark in spezifischen Gruppen gemäß ihrer (privaten) Interessen engagieren oder schlicht Kontakt zu Freunden halten – ohne großen Businessfokus. Insofern finde ich diese von der Politk vorgenommene Grobeinteilung Xing = Recruiting  JA, Facebook = Recruiting NEIN als einen wenig hilfreichen Vorschlag. Und außerdem gibt es noch so viele weitere soziale Netzwerke und Dienste und es entstehen immer wieder neue. Wer entscheidet ob dort rekruitiert und sich informiert werden darf und von wo Personaler die Finger lassen müssen? Die Politik scheint mal wieder ein Talent zu haben die Dinge nicht wirklich zu Ende zu denken…
Ok, operativ betrachtet heißt es wohl für´s erste Abwarten. Stand heute, 26.08.2010, hat sich ja noch nichts geändert. Gesetze müssen noch beschlossen werden und in Kraft treten. Also liebe Freunde in den Personalabteilungen und liebe Recruiter, HR-Berater und Headhunter – Ruhe bewahren und die Situation im Auge behalten.

Was denken Sie über diese Gesetzesinitiative? Wie werden Sie sich verhalten?

CA

 

Bilder:
Data-Media-Save: http://i387.photobucket.com/albums/oo318/VaultandSafe/VaultandSafe/DataMediaSafes.jpg
Social-Media-Icons: http://i592.photobucket.com/albums/tt7/AchieveMarketing/Social%20Media/social-media-icons2.jpg

5 Gedanken zu „Gesetz zum Arbeitnehmer-Datenschutz – Recruiting in sozialen Netzwerken in Gefahr!?

  1. Pascal

    Ich finde diese Einteilung der sozialen Netzwerke völlig willkürlich. Auf allen Netzwerken wird kommuniziert. Ob es dabei eher um privates oder geschäftliches geht lässt sich nicht pauschal feststellen. Jeder ist selbst verantwortlich, welche Infos sie/er auf sozialen Netzwerken über sich einstellt.

    Wie sollten sich Personaler dann zum Beispiel verhalten, wenn sie bereits länger einen Facebook-Account haben?
    Da bestünde im Prinzip immer die Chance irgendwelche Infos über einen Bewerber vorher mal aufgeschnappt zu haben. Sollen sich dann alle Personaler von Facebook abmelden? Das wird so nicht gut funktionieren…

  2. Martina Roters

    Ich bin echt bestürzt, was für abenteuerliche Konstruktionen heutzutage die Chance haben, Gesetz zu werden.
    Statt die schwarzen Schafe mit Entschiedenheit zu verfolgen – wieso können sich nachweisliche Abzocker-Seiten überhaupt känger als 1 MONAT öffentlich im Netz halten? – wird hier völlig populistisch und ohne jeden Funken Sachkenntnis (Facebook nicht beruflich?!) agiert.
    Demnächst dürfen Personaler wohl gar nicht mehr im Netz unterwegs sein, denn Sie könnten versehentlich auf Kommunikationsseiten potenzieller Bewerber stoßen.
    Was ist denn so falsch an dem Anliegen, sich auch und gerade über die Persönlichkeit eines Bewerbers ein Bild zu machen?
    Gehen die Verschwörungstheorien schon so weit, dass man annimmt, dass Unternehmen z. B. keine Bewerber mit Mut zur Kritik mehr einstellen wollen?
    Denen kann man doch eh keine Mitarbeiter wünschen und schon gar keinen Geschäftserfolg. Wer heute noch nicht begriffen hat, dass die Mitarbeiter sein größtes Kapital sind, dem gönne ich nur eins: Dass er von einem besseren Konkurrenten überholt wird!

  3. Christoph Athanas

    Zum aktuellen Stand im Gesetzgebungsverfahren: Nachdem im November 2010 der Bundesrat zum Gesetzesentwurf Stellung genommen hat und einige Änderungen forderte, ist nun wieder die Bundesregierung am Zug. Einige wenige Passagen sollen demnach überdacht werden. Das gesamte Verfahren benötigt noch einiges an Zeit und das Gesetz wird vorraussichtlich nicht vor Mitte 2011 im Bundestag beschlossen werden und in Kraft treten. Wir bleiben am Ball…

    Detailliertere Infos hierzu auch in dieser Newsmitteilung: http://www.haufe.de/personal/newsDetails?newsID=1294391144.82

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