High Performer eingliedern oder was der Mittelstand vom Profi-Fussball lernen kann

Wenn Unternehmen neue Mitarbeiter einstellen, dann sollen diese möglichst schnell produktiv arbeiten können und zur Performance beitragen.

Hier gilt: Zeit ist Geld – logisch! Sprechen wir dabei von Spitzenkräften, nimmt diese Gleichung an Dramatik zu: Zeit ist mehr Geld – letztlich egal, ob es sich um einen Fachexperten oder eine Führungskraft aus den oberen Hierarchieebenen handelt. Die reibungslose Integration des neuen Mitarbeiters trägt zum zeitnahen Erfolg dieses neuen Mitarbeiters bei. Es wird zugleich das Fundament dafür gelegt, ob der Mitarbeiter seine Leistungsfähigkeiten auch in tatsächliche Leistung übersetzen kann. Ein Integrationsmanagement seitens des Unternehmens bzw. der Personalabteilung kann hierzu hilfreich sein.

Wie ist es insbesondere im Mittelstand um einen solche Integrations- respektive Einarbeitungsprozesse bestellt?

Was aus der Erfahrung gesprochen meist strukturiert getan wird ist eine administrativ-technische Einführung (Zugangskarten ausstellen, Zugänge zum Firmennetz, Ausgabe Notebook, erste grundlegende administrative Hinweise, bspw. wie die Verwaltung von Arbeitszeiten erfolgt usw.). Hinzu kommt in der Regel noch ein Start-Gespräch mit der direkten Führungskraft und ggf. eine kurze vom Vorgesetzten oder einem HR-Mitarbeiter moderierten Vorstellung beim Team, den direkten Kollegen. Damit ist hat´s sich dann aber auch oft schon. Ab hier jedoch fängt die Integration erst richtig an…

 fball„Mitarbeiterintegration“ im Profi-Fussball?

Schauen wir dazu mal in eine Branche, wo Spitzenkräfte so richtig viel Geld kosten und unbedingt schnell produktiv arbeiten müssen, damit die Gesamtperformance passt: Der Profi-Fussball.
Proficlubs eignen sich zur Anschauung gut, weil sie meist gleich mehrere Dimensionen von Integration gleichzeitig und oft zudem mit mehreren Akteuren bewältigen müssen. Außerdem stehen die verantwortlichen, d.h. der Trainer/ der Manager stets unter großem und klar messbarem Erfolgsdruck.

Welches sind also die Integrationsdimensionen für Profispieler im Fussball?
(in Klammern die Entsprechung im Unternehmenskontext): 

 – allgm. Logistik, wie neuer Wohnort, Arbeitserlaubnis etc. (admin. Fragen zur
    allgm. Arbeitsbefähigung)
– Sprache, bei ausländischen Spielern
– Team (Kollegen)
– Trainer (direkter Vorgesetzter)
– Spielkultur, Taktik (Unternehmensstrategie, Leistungserwartungen)
– Zusammenarbeit mit Physiotherapeut, Spezialtrainer, PR-Manager usw. (Stabsstellen wie z.B.
    HR oder Marketing)
– Trainingsarbeit/ Entwicklung von Fähigkeiten bzw. Leistungsdaten 
    (Personalentwicklung, persönliche Entwicklung)
– Kultur im direkten Arbeitsumfeld (Unternehmens- und Teamkultur)
– Kultur im weiteren Arbeitsumfeld (interkulturelle Aspekte, Landeskultur, Kulturkreis)

Diese Liste ist ggf. noch um einzelne Punkte zu erweitern, die wesentlichen Anforderungen sollten jedoch deutlich geworden sein. Profi-Fussballclubs gehen die Herausforderungen mit regelrechten Integrationsbeauftragten an. Dort wurde längst erkannt, dass ein bspw. brasilianischer Starspieler schneller sein volles Leistungsvermögen auf den Platz bringt, wenn das Umfeld stimmt. Dies trägt Motivation und entfaltet Leistungsfähigkeit. So kann sich der Spitzenspieler auf das Wesentliche konzentrieren – seine Performance.

Was können mittelständische Unternehmen aus diesen Informationen an Rückschlüssen ziehen?

Sicherlich auch an erster Stelle, dass eine Verzögerung der Leistungsentfaltung bei einem High Performer schlichtweg Performance, also Geld kostet! Ein Beispiel: Nehmen wir mal es handelt sich bei der eingestellten Spitzenkraft um einen Vertriebsmanager, also eine Position, welche insbesondere durch die Multiplikationsfunktion zur Performance beiträgt. Angenommen diese Position verantwortet einen monatliches Umsatzziel von 500.000 Euro, so die Erwartung bei normaler 100%Leistungsentfaltung. Nehmen wir weiter an, dass eine Start- und Eingewöhnungsphase in Größenordnung von 3 Monaten oder den aus der Politik so bekannten 100 Tagen gewährt wird, bis die Zielgröße erreicht werden soll. Je eher der Vertriebsmanager integriert ist und die Leistung seines Teams positiv in Richtung der Zielgröße bewegt, desto besser. Nun eine letzte Annahme: Angenommen ein entsprechendes  Maßnahmebündel zur reibungslosen Einarbeitung und Eingliederung der Führungskraft bewirkt nur 2%zusätzliche Performance, würde selbst das schon bedeuten, dass Monat für Monat 10.000 Euro mehr Umsatz generiert würden oder 120.000 Euro im Jahr. Kein unbedeutender Betrag. Nicht beziffert werden kann in diesem Beispiel die positive Wirkung auf Seiten des Image des Arbeitgebers, die höhere Mitarbeiterbindung und die aus dieser ggf. resultierenden geringen Recruitingaufwendungen.

Der direkte Vorgesetzte als Schlüsselfaktor für schnellen Erfolg von potentiellen high Performern.

Wie wir aus den Gallup-Studien wissen, wirkt sich die unmittelbare Führungsarbeit der direkten Führungskraft besonders entscheidend auf das gute Befinden/ Motivation und auf die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter aus. Dies gilt natürlich ebenso für unsere potentiellen high Performer. Nehmen wir noch einmal Anleihe bei den Profifußballern: Das Verhältnis von Spieler zu Trainer ist ganz bedeutend für den nachhaltigen Spielererfolg. Ein Spieler der keinen Draht zu seinem Trainer findet und ein Spieler dem der Trainer nicht wirklich das Vertrauen schenkt bzw. ihn stärkegerecht einsetzt, bringt auf Dauer keine Spitzenleistungen, auch wenn der Spieler vom Potential her dazu befähigt wäre. Die Bundesliga bietet Beispiele genug, aktuell steht das Mißverhältnis zwischen Bayern-Coach van Gaal und Stürmerstar Luca Toni auf den Titelseiten der Sportmagazine.
Die Führungsarbeit entscheidet also vom ersten Tag an maßgeblich darüber, ob und wie ein neuer Mitarbeiter sein Leistungspotential abrufen kann.

Abschließend,
eine Checkliste für Führungskräfte, die aktives Integrationsmanagement betreiben wollen:

– Persönliches Begrüßungsgespräch mit dem Neuen (4-Augen-Modus).
– Wertschätzung und Vertrauensvorschuss: Freude darüber äußern, dass diese Person an Bord ist.
– Den neuen Mitarbeiter persönlich im Team einführen/ vorstellen.
– Bei Führungsaufgaben des Neuen: Persönlich die neue Führungsrolle des Neuen vor
    den Mitarbeitern ankündigen („Inthronisieren“)
– Ggf. mit dem Antritt des Neuen zusammenfallende Veränderungen auf die eigene Verantwortung
    nehmen. So kann der neue Mitarbeiter/ die neue Führungskraft unbelastet in die Zusammenarbeit
    mit anderen starten
– Erwartungen und Ziele klar formulieren
– Den Neuen nach seinen Interessen in Zusammenhang mit der neuen Aufgabe und Position befragen
    und die Informationen nutzen (Sollte sowas nicht schon Teil des Bewerberinterviews gewesen sein?
    Optimal ja, aber jetzt kann offener und konkreter gesprochen.).
– Einführung in die Unternehmens- und/ oder Teamkultur geben (offene Worte über die
    ungeschriebenen Gesetze).
– Bei Mitarbeitern aus dem Ausland: Interkulturelles Coaching/ Training.
– Prozesse und daily stuff: Mentor/Pate oder ähnlichen Ansprechpartner für den Neuen benennen und
    perönlich vorstellen.
– Mit dem Neuen zeitnah einige Feedbackrunden machen, bei welchen ganz speziell die
    Eingliederungserfahrungen besprochen werden. Hier kann die Führungskraft ganz konkret als
    Coach auftreten.
– Besonders viel persönliche Kommunikation, weniger eMails.
– Aktiv für die Vernetzung des Neuen im Unternehmen sorgen, auch über Abteilungsgrenzen hinaus.
– Sicher darin werden, was die Neuen im Arbeitskontext motiviert und diese Motivationen gezielt
    ansprechen.

Die vorstehende Checkliste orientiert sich an den 12 Aspekten für gelungene Führung nach den Skizzen der Managementforscher Marcus Buckingham und Curt Coffman. Mehr Infos dazu stehen auch in diesem Artikel.

Informationen zu einer wirksamen Methode motivierender Mitarbeiterkommunikation finden
sich hier.
Christoph Athanas

 

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