GenY: Die Macht der Demographie

Dr.Langbauer, GF stellenanzeigen.de

Das gehobene Anspruchsdenken einer gefragten Generation auf dem Arbeitsmarkt.
Ein Gastbeitrag von Dr. Peter Langbauer, Geschäftsführer von stellenanzeigen.de

 

Wer in den späten Achtzigern und frühen Neunzigern groß geworden ist, musste sich nie wie die Vertreter der Vorgänger-Generation durch die Untiefen von sperrigen Commodore-Computern kämpfen. Die so genannte Generation Y hatte es ungleich leichter, wuchs im Umfeld einer selbstverständlichen Internet-Nutzung auf: E-Mail Adressen gehörten schon in der weiterführenden Schule genauso zum Alltag wie der unkomplizierte Umgang mit dem Internet. In der Folge entwickelte sich eine Generation, die IT-technisch äußerst versiert und untereinander extrem gut vernetzt ist. Wir sprechen hier also über die erste Altersgruppe, die sich später im Studium in sozialen Netzwerken tummelte und die dort geknüpften Kontakte auch für das professionelle Leben nutzte. Diese international ausgerichtete und gut ausgebildete Generation steht seit einiger Zeit dem Arbeitsmarkt zur Verfügung und ist nun in einem Alter, in dem sie auch in Führungspositionen hinein wächst. Wie aber tickt die Generation Y, wenn es um die Einschätzung des eigenen Berufslebens geht? Zahlreiche Studien haben sich mit dieser Frage auseinander gesetzt und ergeben das hoch interessante Bild einer Kandidatengruppe, die im Mittelpunkt der Employer Branding-Strategien zahlreicher Arbeitgeber steht.

 

Ein harter Wettbewerb um die besten Köpfe
Der Anteil der Generation Y am Arbeitsmarkt steigt indes kontinuierlich an. So geht die Universität Stockholm beispielsweise davon aus, dass in einigen Jahren nahezu jeder zweite Arbeitnehmeraus dieser Generation kommt. Folge: Der gegenwärtig so vielfach diskutierte Fachkräftemangel in Deutschland und Europa wird vor allem auf diese Altersgruppe zutreffen. Das Institut zur Zukunft der Arbeit geht etwa jetzt schon davon aus, dass bis zum Jahr 2020 rund 240.000 Ingenieure alleine in Deutschland fehlen werden. Eine Einschätzung, die das Marktforschungsinstitut PROGNOS teilt und von einer Fachkräftelücke von 5,2 Millionen Menschen bis 2030 spricht – 2,4 Millionen davon werden Akademiker sein. Besonders hinsichtlich der für die Wirtschaft entscheidenden MINT-Fächer kommt es schon jetzt zu einem harten Wettbewerb um die besten Kandidaten. Tendenz steigend, denn die Zahl der Studienanhänger stagniert ebenfalls langfristig – auch und vor allem in diesen Fächern.

Gute Aufstiegsmöglichkeiten ohne tradierte Hierarchien
So weit die Prognosen, die allerdings für die Kandidaten eine äußerst komfortable Situation bedeuten. Oder um es anders zu sagen: Gut ausgebildete Kandidaten sind die großen Gewinner des Fachkräftemangels und viele von ihnen kommen aus der Generation Y, eine Altersgruppe, die sich durch ein besonders hohes Anforderungsprofil an ihren Job auszeichnet. Dieser hohe Anspruch kommt ursprünglich daher, dass ihre Vertreteroft schon während des Studiums sehr zielgerichtet Studiengänge gewählt haben, die gute Karriereaussichten versprachen und nicht wie viele Mitglieder der Vorgänger-Generation auch auf die persönliche Selbstverwirklichung achteten. Diese strenge und disziplinierte Fokussierung setzt sich nun im Berufsleben fort: Ein interessantes Aufgabenfeld und schnelle Aufstiegsmöglichkeiten sind ein Muss – allerdings nur, wenn gleichzeitig auch eine ausgeglichene Work-Life-Balance möglich ist. Dies ist ein klassisch ambitioniertes Anforderungsprofil, das sich nur Kandidaten leisten können, die sehr gefragt sind. Durch die sehr gute Ausbildung nehmen die Vertreter der Generation Y dementsprechend auch kaum Rücksicht auf tradierte Hierarchiestufen, die in allen Generationen zuvor kaum infrage gestellt wurden. Laut einer Trendence-Studie aus dem Jahr 2011 stehen die attraktive Aufgabe, die persönliche Entwicklungsmöglichkeit und die guten Perspektiven in einem Job auf den führenden Positionen, wenn Mitglieder der Generation Y dazu befragt werden, was wichtige Kriterien für ihre Arbeitsplatzwahl sind. Demnach weniger wichtig: persönliches Prestige, ein internationales Umfeld und die CSR-Politik eines Unternehmens – hier scheinen die Kandidaten nüchterner als vielfach angenommen.

Führungsverantwortung bei flexibler Arbeitszeit
Der deutsche Führungskräfteverband hat vor allem den Drang zu mehr Work-Life-Balance der GenY genauer untersucht und ist zu sehr interessanten Ergebnissen gekommen: Zwei Drittel der Kandidaten stellen etwa ihre beruflichen Belange in keinem Fall über die privaten. Trotzdem streben fast 60 Prozent nach Führungsverantwortung gepaart mit dem Wunsch nach echter Work-Life-Balance, die sich vor allem in flexiblen Arbeitszeiten und weniger in Firmenautos oder Incentive-Reisen ausdrücken soll. Denn: Bei aller Nüchternheit der umschwärmten Altersgruppe wollen 67 Prozent mehr Zeit für ihr Privatleben nutzen. Arbeitgeber müssen Mitarbeitern also Aufstieg und Freizeit gleichzeitig ermöglichen – für viele Unternehmen ist dafür ein schwieriger Umdenkungsprozess notwendig. Denn früher schloss sich beides gleichzeitig oft aus.

Moderne Arbeitszeitmodelle gefragter denn je
Was bedeutet das nun alles für suchende Unternehmen, die die extrem gut ausgebildeten Vertreter der Generation Y für sich gewinnen wollen und müssen, um im zunehmenden Mangel an Fachkräften bestehen zu können? Zunächst: Die Bedeutung von stringentem Employer Branding wird weiterhin zunehmen. Dabei werden mittelfristig die jetzt noch eher unwichtigen sozialen Medien an Bedeutung gewinnen, um als Kommunikationsplattform für die eigene Arbeitgebermarke genutzt zu werden. Die wichtigen Markenwerte, die dabei inhaltlich erarbeitet werden müssen, liegen auf der Hand: Gewinnen werden im „War fortalents“ die Unternehmen, die mehr ergebnis- dafür aber weniger arbeitszeitorientiert agieren. Moderne weil flexible Arbeitszeitmodelle sind gefragter denn je und sollten mit Hochdruck von den Unternehmen erarbeitet und auch konsequent umgesetzt werden. Ebenso sollten im Sinne einer ausgewogenen Work-Life-Balance Freizeiten aufgewertet und Familien in den Mittelpunkt gestellt werden. Hier gilt es, die Generation Y in ihren Bedürfnissen und ihrem Selbstverständnis abzuholen. Dabei verlieren herkömmliche Anreize ihren Wert. Oder anders ausgedrückt: Die Dauerkarte im Fitnessstudio wird mittelfristig wertvoller sein als der A4 auf dem Firmenparkplatz. Und viel wichtiger als das: Die einmal kommunizierte Arbeitgebermarke muss authentisch gelebt werden. Denn wenn Kandidaten der Generation Y in ihrer neuen Arbeitsstelle nicht das wiederfinden, was ihnen versprochen wurde, sind sie schneller weiter gezogen als es einem Arbeitgeber lieb sein kann. Und noch viel schlimmer für eine mühsam aufgebaute Arbeitgebermarke: In sozialen Netzwerken berichtet sie darüber – dort, wo sie aufgewachsen ist.

 

Über den Autor:
Dr. Peter Langbauer ist seit Juni 2012 Geschäftsführer von stellenanzeigen.de. Zuvor war Dr. Langbauer Geschäftsführer der StepStone Österreich GmbH.

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